ADHS: Die Ursachen
Gene beteiligt, Informationen im Kopf falsch verarbeitet
Warum manche Kinder an ADHS erkranken und andere nicht, ist bislang nicht genau geklärt. Forscher vermuten aber, dass die Gene eine wichtige Rolle spielen. Der Grund: In vielen Fällen leiden Eltern, Geschwister oder andere Verwandte ebenfalls an ADHS. Auf 20 bis 30 Prozent schätzt der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) das Risiko, an ADHS zu erkranken, wenn ein Elternteil an der Störung leidet. Als weitere Ursachen werden unter anderem Umweltgifte oder Nahrungsmittelallergien diskutiert. Nikotin, Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft sowie ein Sauerstoffmangel bei der Geburt erhöhen das Risiko, an ADHS zu erkranken.
Signalstörung im Kopf: Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei ADHS-Kindern die Informationsverarbeitung zwischen verschiedenen Abschnitten im Gehirn nicht richtig funktioniert. Ursache dafür sind Störungen im Stoffwechsel der Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Beide sind wichtig für Aufmerksamkeit, Antrieb und Motivation. Bei ADHS-Kindern übertragen diese Neurotransmitter die Informationen zwischen den Gehirnzellen nur noch eingeschränkt. Betroffen sind die Stammganglien und das Frontalhirn - Gehirnabschnitte, die für Aufmerksamkeit, Ausführung und Planung, Konzentration und Wahrnehmung verantwortlich sind.
Fehlende Filter: ADHS-Kinder können sich deshalb schwer konzentrieren und Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden, sie sind vergesslich, aggressiv und unruhig. "Da alle Eindrücke ungefiltert auf sie einstürzen, stehen sie ständig unter großer Anspannung", erklärt der Verband. Bei einem Drittel tritt keine Hyperaktivität auf, sie sind ruhig und verträumt.
Eine Rolle spielen - wenngleich nicht als Krankheitsursache - die äußeren Umstände wie beengte Wohnverhältnisse, wenig emotionale Zuwendung, das Erziehungsverhalten der Eltern, hektische Umwelt (Lärm, fehlende oder nicht durchschaubare Strukturen), Bewegungsmangel, Zeitdruck, hoher Fernseh- und Computerkonsum. Schlechte Erziehung oder negative Kindheitserfahrungen seien als eigentliche Ursachen auszuschließen, so der BVKJ.
ADHS bei Erwachsenen
Ungebremste Emotionen
ADHS im Alter: Schlechte Konzentration, geringe Leistungsfähigkeit
ADHS wird fälschlicherweise oft als Erkrankung angesehen, die nur Kinder und Jugendliche betrifft. Dabei bleibt die Störung bei bis zu zwei Drittel der Fälle bis ins Erwachsenenalter bestehen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) schätzt, dass zwischen 2,5 und 4 Prozent aller Erwachsenen unter ADHS leiden. Menschen mit Depressionen, Sucht- und Angsterkrankungen sowie Persönlichkeitsstörungen werden oft nicht auf ADHS untersucht. Dabei sind diese typischen Folgeerkrankungen bei erwachsenen ADHS-Patienten weit verbreitet. Insgesamt reagieren sie viel emotionaler als andere Menschen und empfinden Gefühle "ungebremster". Das kann auch Vorteile haben: Einigen gelingt es nämlich, ihren Wust von Ideen kreativ für Ihren beruflichen Erfolg zu nutzen.
Wandlung mit den Jahren:Das Beschwerdebild bleibt nicht in jeder Alterstufe gleich, sondern wandelt sich mit dem Alter. Überaktivität und Impulsivität weichen oft einer allgemeinen Leistungs- und Konzentrationsschwäche. Fast alle erwachsenen ADHS-Patienten fühlen sich innerlich ruhelos und getrieben. Im Berufs- und im Privatleben erreichen sie oft nicht die Ziele, die sie sich ursprünglich gesteckt hatten. Viele leiden vor allem unter den sozialen Folgen von ADHS:
Schlechtere Ausbildung und Karriereverlauf, als es der Begabung entspricht. Schwierigkeiten im Berufsleben mit häufigem Stellenwechsel. Erhöhte Scheidungsrate. Viele Wohnortwechsel, Umzüge.
Checkliste: ADHS-Betroffene haben oft erhebliche Schwierigkeiten im Alltag. Beispiele sind:
Organisation/Denkstruktur: Fehlendes Zeitgefühl, Verspätungen und Hektik vor Terminen, Langweilige Alltagsaufgaben werden auf die lange Bank geschoben oder gar nicht erledigt. Auffällige Unordnung oder Überkompensation durch zwanghaften Perfektionismus,
Desorganisation - vor allem, wenn mehrerer Aufgaben gleichzeitig anstehen, Aufmerksamkeitsstörung,
Unbeständiges Arbeiten mit unerklärlichen Einbrüchen,
Vergessen von Aufgabenteilen mit unvollständigen Arbeitsergebnissen, Fehlende Aufmerksamkeit, besonders in Gruppensituationen, Leseunlust aufgrund von Verständnisschwierigkeiten für den Gesamtinhalt, Arbeitsgedächtnis: Vergesslichkeit, kann Erinnerungen nicht abrufen, z.B. "Ich weiß es, kann es aber nicht sagen."
Flüchtigkeitsfehler, Verdrehen von Buchstaben und Telefonnummern, Der Betroffene führt ständig Terminkalender, Karteikarten, Notizbücher und Zettel mit sich.
Gesteigerte Wahrnehmung: Sehr starke Empfindlichkeit für bestimmte Sinneseindrücke (z.B. Geruch, Geschmack, Geräusche), aber auch für atmosphärische Spannungen in allen zwischenmenschlichen Beziehungen, Oft intuitiv begabt, kreativ und intelligent, Stimmung und Leistung sind besonders stark von äußeren Faktoren abhängig
Temperamentsausbrüche in jede Richtung,Geringe Stress- und Frustrationstoleranz, Übertriebenes Ruhebedürfnis bei Überforderung, Probleme, sich auf neue Situationen einzustellen, Andauerndes Grübeln, auch mit Einschlafstörungen, Sucht- und Zwangsverhalten, Viele zwanghafte Verhaltensmuster, Versuch, die Leistungsfähigkeit mit hohen Mengen Schokolade, Kaffee, Kola, Energydrinks und Nikotin zu steigern, Manche "behandeln" ihre innere Anspannung mit Alkohol, Cannabis oder Kokain und verschlimmern die Situation noch mehr.
Hohe Impulsivität: Erst handeln, dann denken, Provokation anderer durch verbale Entgleisungen, Erhöhte Unfallneigung
Missachtung von Regeln, Gesetzen, Vorschriften, Kann sich schlecht bremsen: Kaufrausch, riskantes Autofahren etc.
Überaktivität/Unfähigkeit zur Entspannung, Innere Ruhelosigkeit, körperlicher Bewegungsdrang (viel Sport)
Kann nicht stillsitzen (z.B. beim Zahnarzt, Essen, im Flugzeug)
Trommelt mit den Fingern, spielt mit Stiften, nestelt an sich herum, Wippt im Sitzen mit den Füssen rhythmisch vor und zurück, Starker Rededrang, Abschweifen vom Thema, schwer zu unterbrechen, Langeweile in Ruhesituationen mit künstlicher Überaktivität,
Weibliche Besonderheiten; Frauen leiden deutlich seltener als Männer unter ADHS und zeigen auch ein etwas anderes Beschwerdebild. Deshalb wird die Störung bei Frauen zu selten erkannt. Mädchen mit ADHS sind weniger hyperaktiv, sondern neigen zu langanhaltenden Tagträumereien und sind schnell ablenkbar. Ab dem Zeitpunkt der Pubertät treten besonders ausgeprägte Beschwerden vor der Menstruation mit starken Stimmungsschwankungen auf. Erwachsene Frauen fallen durch eine sehr selbstunsichere, ängstliche Persönlichkeit mit einer starken Neigung zu Depressionen auf.
Die Behandlung - das bestimmt der behandelde Psychiater
Erwachsene mit der Diagnose ADHS müssen sich nicht unbedingt behandeln lassen. Ist die Störung allerdings sehr ausgeprägt und beeinträchtigt mehrere Lebensbereiche (Beruf, Freizeit, Paarbeziehungen), ist eine Kombination aus Medikamenten und Verhaltenstherapie sinnvoll.
Nach heutigem Wissensstand lässt sich ADHS nicht heilen. Manchmal bilden sich die Störungen aber in höherem Alter teilweise zurück. Betroffene können Bewältigungsstrategien entwickeln, mit denen sie Alltag und Beruf erfolgreich meistern. Vor allem Schwierigkeiten mit der Arbeitsorganisation sowie der beruflichen und privaten Kommunikation sind gut verhaltenstherapeutisch behandelbar. Durch ein so genanntes Selbstinduktionstraining lernen ADHS-Patienten, wie sie ihr impulsives Verhalten in den Griff kriegen. Einzeln und in der Gruppe werden Verhaltensweisen eingeübt, die den Alltag mit den Kollegen, der Familie oder dem Partner verbessern.
2007-09-29 09:17:40
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answer #1
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answered by Leony 7
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