Was die Masse sehen will, sagt sehr viel über die Masse.
Ich lese hier immer wieder Dinge über deutsches Fernsehen (in dessen Genuß ich seit Jahren nicht mehr gekommen bin), die mich stutzig werden lassen. Das Deutschland, aus dem ich mal weggegangen bin, war eine Gesellschaft, die auch im Fernsehgeschmack zwar fad, aber respektvoll war. Ziemlich hölzern, und olle Kalauer hatten enorme Wirkung, aber zumindest irgendwie alles mit Krawatte und Dauerwelle - "Wetten Dass" mit Frank Elstner und derlei eben.
In England reflektiert das Fernsehen eine Gesellschaft, die mit wirtschaftlichem Optimismus in die Zukunft blickt und Wahrheit sucht - Sendungen wie Heimwerken, Hausrenovierung, Hausverkauf, Umzug, Warentest, Gesundheitsberatung sind ganz groß. Und so nahm ich die britische Gesellschaft auch wahr.
Hier in Neuseeland hat niemand Lust zum Fernsehen, und das merkt man dem Fernsehen auch an. Es besteht zudem fast ausschließlich aus britischen Importen und ein paar alten Western. Der Rest ist Werbung und Hula-Tänze auf dem Maori-Channel, alles Zeug, das niemand anschaut, und man weiß, daß auch die Medienleute selbst wahrscheinlich lieber draußen beim Fischen sind, während sich der langweilige Mist von selbst verwaltet.
US-Fernsehen ist wie das Land selbst: Man bekommt keinen Überblick, es gibt alles. Ich hatte als Student schon vor 12 Jahren in Arizona 99 Kanäle. Allerdings geht der Anspruch bei keinem von ihnen weit über Discovery Channel hinaus.
In Canada ist das Fernsehen weniger weit gefächert als in den USA, aber man bekommt schnell das Gefühl, die Kanadier sind besessen von sich selbst. Es wird oft Zeug gesendet, dessen Qualität absolut hirnrissig ist, aber Hauptsache made in Canada. Muß Little Man Syndrome sein, so neben den USA zu leben, ist bestimmt nicht einfach.
In Paraguay haben die normalen Sender ungefähr den Anspruch eines Flipperautomaten. Man sieht sich die japanischen und brasilianischen Trickfilme eine Weile an, dann wird man müde und muß ausmachen, man blickt's ohnehin nicht. Die brasilianischen Telenovelas in ihrer Vielfalt zu durchblicken, ist aussichtslos, zumal die meisten dieselben Schauspieler aufweisen, aber unterschiedliche Handlungsstränge.
In Indien sieht man sich einem choreographischen Feuerwerk bunter Hindi Musik Videos ausgesetzt, die eine Weile unheimlich toll sind, aber so nach ein paar Wochen ödet's einen an. Aber man tanzt weiter. Hie und da gibt's einen extrem mittelmäßigen, amerikanischen Film aus den 70er Jahren, oder Miss Marple. Die indischen Zensoren schneiden so gnadenlos Zeug raus, daß die meisten recht kurz ausfallen. "Wilde Orchidee" in der indischen Version hat 32 Minuten und kam mir vor wie ein Dokumentarfilm über Hotels.
Abschließend also:
Klar - wie die Gesellschaft, so die Medien.
2007-11-03 13:42:12
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answer #1
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answered by Tahini Classic 7
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Hein Mueck hat recht ... das war zur zeit der steintafeln so ... heute ist die kultur das abbild der gesamten medienlandschaft.- ... so wie auch das ungezifer nicht reingeholt sondern ausgesendet wird.-
2007-11-03 23:04:00
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answer #2
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answered by nimrod 7
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Steintafeln sind ein deutlicher Hinweis auf ein Ausbleiben der elektronischen Medien!
2007-11-03 13:37:54
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answer #3
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answered by Anonymous
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