Berufsbild der Beamtin/des Beamten im gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienst
Für die Ausbildung des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes nimmt die Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel eine zentrale Stelle ein.
Die Fachhochschule umfaßt neben dem Fachbereich "Rechtspflege" den Fachbereich "Strafvollzug" für die vollzugsspezifische, fachwissenschaftliche Ausbildung des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen sowie aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung der Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland.
Die Ausbildung wird im Rahmen des beamtenrechtlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienstes abgeleistet; sie ist jedoch insgesamt als Studiengang an der Fachhochschule ausgestaltet, so daß die/der Beamtenanwärterin/anwärter während der gesamten Dauer des Vorbereitungsdienstes Studentin/Student der Fachhochschule ist, auch wenn sie/er sich zwischenzeitlich in fachpraktischer Ausbildung bei den Justizvollzugsanstalten der jeweiligen Länder befindet.
Die Bediensteten des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes sind damit die einzige Berufsgruppe in den Vollzugsanstalten, die ein Fachhochschulstudium in einem Studiengang absolviert haben, der ausschließlich an den Belangen und Anforderungen der Vollzugspraxis ausgerichtet ist.
Stellung und Aufgaben
Der heutige Strafvollzug dient nicht mehr vornehmlich der Vergeltung und Abschreckung, sondern der Wiedereingliederung des Straftäters, der fähig werden soll, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
Neben der zahlenmäßig größten Gruppe der Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes arbeiten in den Justizvollzugsanstalten an dem Erreichen dieses Vollzugszieles Werkbeamte, Psychologen, Soziologen, Pädagogen, Seelsorger, Sozialarbeiter, ärzte, Juristen und Verwaltungsfachleute mit.
Die Vielzahl der beteiligten Berufsgruppen weist auf die unterschiedlichen Arbeitsfelder innerhalb des Vollzuges hin, wobei sich der gehobene Vollzugs- und Verwaltungsdienst als Bindeglied innerhalb des Systems und als Rückgrat der Verwaltung versteht.
Die Aufgabenbereiche im einzelnen
Die Beamtinnen/Beamten des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes sind vor allem in folgenden Verwaltungs- und Vollzugsbereichen innerhalb von Justizvollzugsanstalten in leitenden Funktionen eingesetzt:
Verwaltungsleiterin/leiter
Die/der Verwaltungsleiterin/leiter ist für die Organisation der gesamten Verwaltung und den reibungslosen Geschäftsablauf in der Anstalt verantwortlich.
Sie/er sorgt für die ordnungsgemäße Erledigung der Verwaltungsaufgaben in allen Dienststellen und ist zuständig für alle Personalangelegenheiten.
Personalsachbearbeiterin/sachbearbeiter
In größeren Justizvollzugsanstalten wird zusätzlich zur/zum Verwaltungsleiterin/leiter eine/ein Personalsachbearbeiterin/sachbearbeiter zur selbständigen Erledigung von Aufgaben aus dem Zuständigkeitsbereich der/des Verwaltungsleiterin/leiters eingesetzt.
Vollzugsabteilungsleiterin/leiter
Die/der Vollzugsabteilungsleiterin/leiter trifft eigenverantwortlich die für die Vollzugsgestaltung in seiner Vollzugsabteilung erforderlichen und die Behandlung der Gefangenen betreffenden Entscheidungen, soweit sie sich die/der Anstaltsleiterin/leiter nicht im allgemeinen oder im Einzelfall vorbehalten hat.
Leiterin/Leiter des Sicherheits- und Ordnungsdienstes
Die/der Leiterin/Leiter des Sicherheits- und Ordnungsdienstes ist für die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten zuständig und trifft die hierfür erforderlichen Maßnahmen in enger Absprache mit dem Anstaltsleiter. Sie/er hat die Organisation der sicheren Unterbringung der Gefangenen zu überwachen, an Entscheidungen über Vollzugslockerungen (z.B. Hafturlaub, Ausgang) mitzuwirken und Disziplinarentscheidungen gegen Gefangene vorzubereiten. Ferner hat sie/er besondere Vorkommnisse (z.B. Ausbrüche, Entweichungen) verantwortlich zu bearbeiten.
Leiterin/Leiter der Arbeitsverwaltung
Die/der Leiterin/leiter der Arbeitsverwaltung ist verantwortlich für alle mit dem Arbeitseinsatz der Gefangenen verbundenen Maßnahmen. Sie/er überwacht die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte der Eigen- und Unternehmerbetriebe, stellt deren Wirtschaftlichkeit sicher und beschafft die erforderlichen Geräte und Rohstoffe.
Zum Seitenanfang
Leiterin/Leiter der Wirtschaftsverwaltung/Haushaltsabteilung
Der/dem Leiterin/leiter der Wirtschaftsverwaltung/Haushaltsabteilung obliegen neben der Organisation und überwachung der Wirtschaftsbetriebe alle Aufgaben, die im weitesten Sinne mit der wirtschaftlichen Versorgung der Gefangenen und der Anstalt in Verbindung zu bringen sind. Hierzu zählen insbesondere die Haushaltssachbearbeitung und das Beschaffungswesen.
Leiterin/Leiter der Bauverwaltung
Die/der Leiterin/leiter der Bauverwaltung ist an der Planung und Ausführung aller Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie der Bauunterhaltung beteiligt, wobei ihr/ihm eine koordinierende und informierende Mitwirkung zwischen den beteiligten Bau- und Justizdienststellen zukommt.
Sie/er ist für die Verwaltung etwa vorhandener Dienst- und Mietwohnungen zuständig.
Dienstleiterin/leiter einer Zweiganstalt
Die/der Dienstleiterin/leiter vertritt die Zweiganstalt einer Vollzugsanstalt nach außen, soweit diese Aufgaben nicht ausdrücklich der/dem Anstaltsleiterin/leiter vorbehalten sind.
Sie/er ist Vorgesetzte/Vorgesetzter der Angehörigen der Verwaltung, des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Werkdienstes und im Rahmen der ihr/ihm übertragenen Verantwortung für den gesamten Dienstbetrieb der Zweiganstalt auch für die Angehörigen der besonderen Fachdienste.
Darüber hinaus sind die Beamtinnen/Beamten des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes als Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter und Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiter bei den Mittelbehörden in Nordrhein-Westfalen (Justizvollzugsämter Rheinland und Westfalen-Lippe) und den Justizministerien der jeweiligen Länder tätig.
Studienziel und -inhalte
Die Ausbildung für den gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienst soll durch eine praxisbezogene Lehre auf wissenschaftlicher Grundlage Beamte heranbilden, die nach ihrer Persönlichkeit und nach ihren allgemeinen und fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage sind, selbständig, mit sozialem und wirtschaftlichem Verständnis und mit organisatorischem Geschick die vorgenannten Aufgaben ihrer Laufbahn in der Vollzugsverwaltung wahrzunehmen, an der Gefangenenbehandlung und an der Erfüllung sonstiger Vollzugsaufgaben mitzuwirken und die erforderlichen Entscheidungen und sonstigen Maßnahmen sachgerecht zu treffen und sie überzeugend zu begründen.
Den Studierenden werden daher gründliche theoretische Kenntnisse im Vollzugsrecht (Strafvollzug, Vollzug der Untersuchungshaft, Jugendstrafvollzug), Vollzugsverwaltungsrecht (z.B. Strafvollstreckungsrecht, Arbeit- und berufliche Bildung der Gefangenen, wirtschaftliche Versorgung), Kriminologie, Haushaltsrecht, Beamten- und Tarifrecht und Betriebswirtschaftslehre vermittelt.
Ferner werden u.a. Kenntnisse der Sozialwissenschaften (Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Sozialrecht), des Strafrechts, des Zivilrechts, des Staats- und Verwaltungsrechts und des Gerichtsverfasssungsrechts vermittelt.
Der Lehrstoff wird im wesentlichen anhand von praktischen Fällen durch die Methode des Lehrgesprächs vermittelt. Ergänzt wird dies durch Gruppenarbeit, Referate, häusliche übungs- und Vorbereitungsaufgaben, Exkursionen zu Justizvollzugsanstalten unterschiedlicher Zweckbestimmungen, Durchführung von Seminarwochen pp..
In den sich an die jeweiligen fachwissenschaftlichen Studienabschnitten an der Fachhochschule für Rechtspflege - Fachbereich Strafvollzug - in Bad Münstereifel anschließenden fachpraktischen Ausbildungsabschnitten in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten der Länder sollen die Studierenden lernen, die im fachwissenschaftlichen Studium erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.
Das Ausbildung umfaßt sechs Studienabschnitte:
Praktische Einführung 1 Monat
Fachwissenschaftliches Studium I 8 Monate
Fachpraktische Ausbildung I 8 Monate
Fachwissenschaftliches Studium II 7 Monate
Fachpraktische Ausbildung II 9 Monate
Fachwissenschaftliches Studium III 3 Monate
In den letzten beiden Wochen des fachwissenschaftlichen Studiums III erfolgen schriftliche Prüfungen, denen sich mündliche Prüfungen anschließen. Sie richten sich nach den Prüfungsordnungen der jeweiligen Bundesländer.
Während der fachwissenschaftlichen Ausbildung sind die Studierenden in Unterkünften der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel untergebracht.
Die Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen verleiht auf Grund der bestandenen Abschlußprüfung den akademischen Grad "Diplom-Verwaltungswirtin (FH)" bzw. "Diplom-Verwaltungswirt (FH)".
Gestaltung der Laufbahn
Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst jeweils zum 1. August eines jeden Jahres erfolgt unter Ernennung zur/zum Inspektoranwärterin/Inspektoranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf.
Während der Dauer des 3-jährigen Vorbereitungsdienstes sind die Beamtinnen/Beamte Studierende der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel. Mit Bestehen der Prüfung erfolgt die übernehme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Während der zweieinhalbjährigen Probezeit, die bei einem guten Prüfungsergebnis und entsprechenden dienstlichen Leistungen gekürzt werden kann, lautet die Dienstbezeichnung unterschiedlich in den jeweiligen Ländern z.B. "Regierungsinspektorin/Regierungsinspektor zur Anstellung (z.A.)" oder "Inspektorin/Inspektor im gehobenen Justizvollzugsdienst zur Anstellung (z.A.)". Nach erfolgreich abgelegter Probezeit erfolgt die Anstellung als Inspektor und - soweit das 27. Lebensjahr vollendet ist - die Ernennung zur/zum Beamtin/Beamten auf Lebenszeit. Danach kann bei Bewährung eine Beförderung zur/zum Oberinspektorin/Oberinspektor, zur/zum Amtfrau/Amtmann, zur/zum Amtsrätin/Amtsrat und zur/zum Oberamtsrätin/Oberamtsrat erfolgen; außerdem ist bei hervorragender langjähriger Bewährung der Aufstieg in den höheren Vollzugs- und Verwaltungsdienst möglich.
Einstellungsvoraussetzungen
Zur Ausbildung für die Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes im Rahmen des Vorbereitungsdienstes kann zugelassen werden, wer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zur/zum Beamtin/Beamten erfüllt, nach seinen charakterlichen, geistigen und körperlichen Anlagen sowie in gesundheitlicher Hinsicht für die Laufbahn geeignet ist und eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt (Bewerber aus dem mittleren Dienst der Justizvollzugsanstalten ohne Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife ("Aufstiegsbeamte") müssen zum Aufstieg zugelassen sein).
Weitere Einstellungsvoraussetzungen (Höchstalter, erforderliche Bewerbungsunterlagen, Zeitpunkt der Bewerbung pp.) können bei den Einstellungsbehörden abgefragt werden.
Einstellungsbehörden sind die Justizministerien der jeweiligen Bundesländer; in Nordrhein-Westfalen ist das Landesjustizvollzugsamt zuständig. Nähere Informationen und Bewerbungen:
Der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen
Sedanstraße 15
42275 Wuppertal
Tel.: 0202 / 946 20 - 0
2007-03-17 00:16:48
·
answer #1
·
answered by Anonymous
·
0⤊
2⤋