Was denkt ihr über "Der Sandmann" von E. T. A. Hoffmann?

Question

Was steckt eurer Meinung nach hinter Coppelius und Coppola? Sind sie die selbe Person? Was haben die Versuche mit Nathanaels Vater mit den späteren Ereignissen zu tun? Ist Nathanael wirklich verrückt oder hat die Sache einen wahren Kern?

Da scheiden sich ja bekanntlich die Geister, und jetzt würd ich gern wissen, was eure Meinung dazu ist.

Answer 1

Endlich mal eine Frage, die über das Übliche hinausgeht.

E.T.A. Hoffmann, einer der wichtigsten Dichter der deutschen Romantik, besticht durch seine grotesk-bizarren Erzählungen, die von einem feinen Sinn für das Dämonische und Unheimlich-Fantastische zeugen.

So auch in "Der Sandmann". Ich glaube, dass Hoffmann bewusst zwei Geschichten miteinander verwoben hat, die die Nathanael erlebt hat und die, die Hoffmann beschreibt.
Diese Unsicherheit ist ja auch in anderen Erzählungen von ihm ein immer wiederkehrendes Stilmittel.

Was Coppelius und Coppola angeht, so wird dieses Prinzip überdeutlich:
Auf der einen Seite hat Coppelius einen norddeutschen Akzent und Coppola ist Italiener, auf der anderen Seite wird durch einige Stellen in der Erzählung bewusst der Eindruck erweckt, dass beide Figuren austauschbar sind, z.B. wenn Coppola mit der Stimme von Coppelius spricht oder aber der eine mit dem Namen des anderen angeredet wird.
Ich glaube, dass auch hier Hoffmann das Stilmittel der Ungewißheit bewusst angewandt hat.

Auch bei der Hauptperson Nathanael wendet er dasgleiche Stilmittel an. Er kann sich zwischen der dunklen Welt von Coppelius und der klaren Welt von Clara (nomen est omen !)
nicht entscheiden, verliebt sich später in Spalanzanis Geschöpf Olimpia und tötet sich selber, als er sie durchschaut.

Fazit: ich glaube nicht, dass es hier (und generell bei Hoffmann ) eine eindeutige Interpretation gibt. Alles bleibt rätselhaft und doppeldeutig - ganz im Sinne von E.T.A. Hoffmann.


Gruß


Peter