Hallo,
ich bin NICHT in der DDR aufgewachsen, sondern im Westen.
Allerdings war ich in meiner Jugend bis etwa 1975 häufig in der DDR zu Besuch. Für die meisten Wessis (den Ausdruck gab es allerdings damals noch nicht) war die DDR weiter weg als Afrika. Viele im Westen interessierten sich auch nicht besonders für die sogenannte "Ostzone". Wenn man da ein paar Klischees hatte, das reichte den meisten.
Meine Besuche in der DDR waren immer sehr interessant. Es war eine ganz andere Welt. Alles erschien mir grau mit roten Nelken als Farbtupfer. Überall der Geruch von Ofenheizung mit Braunkohle. Alle Kunststoffe hatten einen ganz eigenen unterschwelligen Geruch, der den BRD-Bürgern sofort auffiel. Ich habe das mal erwähnt und erntete sofort eine Antwort wie: "Na höhr mal, bei uns stinkt es doch nicht!". Ab da war ich vorsichtiger mit solchen Äußerungen.
Einmal bin ich im Alter von 10 oder 11 Jahren als mutmaßlicher West-Spion festgehalten worden, fast einen Tag lang. Dann hat man mich wieder laufen lassen. Ab dann habe ich auch nicht mehr so viel gefragt, sicherheitshalber.
Was mir so auffiel: Man hatte immer Geld und einen "Beutel" bei sich, falls es gerade etwas wichtiges zu kaufen gab. Man brachte auch unaufgerfordert etwas mit, was die Nachbarin wahrscheinlich brauchen konnte, wenn es das gerade gab. Lange Schlangen vor der Geschäften regten niemanden auf. Busse, Bahnen und Friseur kosten fast nichts. Im Fernsehen lange Berichte über die Erfolge bei der Ernte. Dabei wurden die Erntekapitäne gefeiert. Broiler, ein Begriff, den wir nicht kannten. Intensives Recycling (Hieß wohl SERO), lange bevor das im Westen in Mode kam. Einfachste Darbeitung der Waren in den Geschäften. Verkäufer, die offensichtlich überhaupt nicht daran interessiert waren, etwas zu verkaufen und der Ladenbesitzer nahm das hin.
Extrem die Umwelt verschmutzende Zweitakt- und Dieselfahrzeuge, was offenbar niemanden störte.
Ein hervorragendes Gesundheitswesen, niedrigste Mieten und völlig verwahrloste Häuser. LPGen mit riesigen Plänen. Auch sah ich große landwirtschaftliche Maschinen ungeschützt im freien stehen und vergammeln. Die gehörten "allen" und damit niemandem.
Im Sommer sah ich in den zahlreichen Gärten oft Vater, die Ihren Söhne den "Anschlag liegend" mit dem Luftgewehr beibrachten.
Sehr ausgeprägte Kinderbetreuung mit Krippen, Kinderhorten, Kindergärten, wo ich oft gar nicht genau wußte, was es im Detail bedeutet.
Wirkliche Gleichberechtigung: z. B. Frauen, die einen großen Bagger steuerten oder in ein Fabrik arbeiteten, oder ein Wartburg, in dem die Frau am Steuer saß und der Mann auf dem Beifahrersitz. Für uns aus dem Westen war das damals ein ungewohntes Bild.
Das Recht auf Arbeit in der Verfassung, eine tolle Sache.
Ein ganz anderes Schulwesen als im Westen: Klar Marxismus Lenismus im Unterrricht, aber das meine ich nicht. Ich glaube die kriegten vielmehr "lebenspraktische" Dinge beigebracht, z.B. wie nagele ich zwei Bretter ordentlich aufeinander, wenn die Nägel eigentlich zu lang dafür sind. Hervorragende Schul- und Fachbücher auf erbärmlichem Papier, immer geschireben von einem "Autoren-Kollektiv". Dafür habe ich dann immer meinen Zwangsumtausch ausgegeben.
Wohl auch eine viel bessere Berufsausbildung, als im Westen, allerdings vieles etwas "altmodisch", was aber sicher angemessen war, da die Technik dort im allgemeinen deutlich älter war. Mir fiel im Gespräch auf, welche umfassenden Kenntnisse aus vielen Gebieten dort oft Leute aus "einfachen" Berufen hatten. Das habe ich bewundert.
Die ewige Präsenz der Behörden: Antrag auf Einreise in die DDR, Einreise-Erlaubnis, Visum zur Einreise, Aufenthaltserlaubnis, Eintrag ins Hausbuch, Visum zur Ausreise, Zwangsumtausch, Stempel, Stempel, Stempel.
Nicht die Frage "Wo kriege ich Geld her?", sondern die Frage "Was könnte ich wo für mein Geld kaufen?".
Egal wen man besuchte: ein großes Hallo in der "Guten Stube" und als besonderes Highlight: Rouladen mit Reis, und nachmittags echten Bohnenkaffee auf dem Sofa oder im Garten.
Kaum ein Telefon, im Notfall mußte man zu einem Bekannten gehen, der eines hat. Um einen Goldring machen zu lassen, mußte man selbst das Gold (z.B. Zahngold) mitbringen.
PGH: Die reparierten (mit langer Wartezeit) das Auto, die Ersatzteile mußte man selbst mitbringen.
Mopeds ohne Kennzeichen, fürchterliche Straßen.
Jeder kannte exakt den Inhalt des aktuellen Quelle- und Neckermann-Kataloges. Und man konnte kaum verstehen, dass wir uns den noch nicht angeschaut hatten.
Kittelschürzen wurden von fast allen Frauen getragen. Sehr lange Wartezeiten an den Bahnübergängen, nachdem es in der DDR wohl mal einen schrecklichen Unfall an einem Bahnübergang gegeben hatte.
Der ABV, Berge von selbstgebackenem Kuchen, die "gute Bratwurst" (ein sehr schmackhafter Artikel, den ich so gar nicht kannte, weil wir im Westen unter Bratwurst etwas ganz anderes verstanden). Große Banner, die über die Erfolge berichteten und zu neuen Erfolgen anspornen sollten, Pferdefuhrwerke, die Waren lieferten, mopedartige mit Stoff überdachte Fahrzeuge, speziell für Gehbehinderte, Eine ganze Familie mit Kindern auf einer MZ usw.
Mir fiele sicher noch viel ein, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr.
Es war für die wenigen, die aus dem Westen kamen und nicht nur in das Golden Ostberlin, sondern in die wirkliche Republik fuhren, sicher sehr interessant. Ich war damals noch Gymnasiast und habe in der Schule vieles erzählt, was ich gesehen habe. Oft hatte ich dabei den Eindruck, dass man mir das im Westen nicht geglaubt hat.
Nachtrag an alle die, die in der DDR geboren sind: Zum Sprachgebrauch: Ihr seid doch in der DDR geboren und nicht in der ehemaligen DDR. Wer 1995 in Erfurt auf den Welt kam, der wurde, wenn er so will, in der ehemaligen DDR geboren. Ob es die DDR heute noch gibt oder nicht, das ändert doch nichts daran, ob man in der DDR geboren wurde und dort aufgewachsen ist.
2006-12-13 20:14:49
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answer #1
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answered by Anonymous
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Ich habe meine gesammte Kindheit in der DDR verbracht und kann aus meiner Sicht auch nichts negatives sagen. Die Angebote für die Kinder und Jugendlichen waren deutlich besser und erschwinglich. Nach der Schule war ich fast nur zum Spielen an der frischen Luft. Das Fernsehen war nicht so reizvoll. Es gab nur zwei Kanäle. Wie im Gefängnis habe ich mich auch nie gefühlt. Zu Weihnachten war es immer etwas ganz besonderes, das Westpaket meines Onkels aus Schleswig-Holstein zusammen mit den Eltern und den Geschwistern zu öffnen.
2006-12-13 15:34:17
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answer #2
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answered by Anonymous
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Also, das Leben war einfacher, ruhiger, man musste keine Angst vor Entlassungen haben, die Miete war erschwinglich. Du durftest nicht ins Ausland reisen und das störte viele. Aber siehe heute, heute dürfen sie und die meisten können nicht wegen dem Geld. Wenn Du zum Doktor musstest es kostete nichts, monatliche Bezahlung für Kinderkrippe und Kindergarten waren sehr gering, das Brötchen kostete 0,05 Pfennige, wir sammelten Altstoffe wie wir es nannten, Altpapier, Flaschen und Lumpen und die wurden wieder zu neuen Dingen gemacht, wir warteten 8 - 10 Jahre auf ein Auto, aber dann konnten wir es auch bezahlen, hatten Zeit zum sparen.
Alles in allem ich fühlte mich niemals wie in einem Gefängnis,aber ich hatte auch keine Verwandte im Westen, man hätte manche Dinge die gut waren in der DDR mit übernehmen sollen und nicht einfach die Mütze der BRD über die DDR-Bürger stülpen dürfen.
2006-12-13 15:21:31
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answer #3
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answered by rio 3
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hallo...
ich bin in der ehemaligen ddr geboren und teilweise aufgewachsen. meine eltern haben für uns, meinen bruder und mich, alles getan und gefehlt hat es uns an nichts. meine mutter konnte uns morgens in den kindergarten oder später in die schule bringen, dann selbst den ganzen tag arbeiten gehen ohne sich gedanken machen zu müssen und uns abends wieder abholen.
manchmal überlege ich auch, ob die menschen nicht ein wenig besser aufeinander geachtet haben und somit bespielsweise kinder auch mal ohne eltern auf dem spielplatz spielen konnten, weil auch andere mal nach den kleinen guckten.
2006-12-13 15:43:26
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answer #4
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answered by lucylocke26 2
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Ich würde übers Wochenende weiter an meiner Republikflucht planen, wie z. B. mit einem Gleiter und mich fragen, woher ich die Materialien herbekomme und wo ich mein Fluggerät unaufällig bauen und testen könnte...und arbeiten würde ich wahrscheinlich in einem VEB Werk, welches eigentlich Waschmaschinen für Siemens herstellt..vielleicht wäre der Motor einer Waschmaschine gut genug für den Gleiter...
2016-12-30 09:22:22
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answer #5
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answered by ? 3
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Die Beantwortung deiner Frage ist sehr komplex,um dir einen geanueren Eindruck zu verschaffen wirst du einiges lesen müssen,was nicht heißen soll das dies keinen Spaß macht.Es gibt wirklich gute und unterhaltsame Literatur zum Thema.Empfehlen kann ich dir u.a. Werner Zimmer,ja der Sportreporter vom ZDF,der als Kind hier aufwuch und seine Kindheit schildert bis zur Flucht in den Fünfzigern.Das Buch heißt "Fürn Groschen Brause".
Was dir einen noch besseren Eindruck vermitteln wird als lesen ist sicherlich der Besuch der "neuen" Bundesländer,insbesondere der Kontakt zu den Menschen hier und Live Berichte sind allemal besser als Nur zu lesen.Außerdem lerns du einige Dinge kennen,die maßgeblich zur deutschen Kultur gehören und auch in Zeiten der real existierenden Sozialismus nie untergegangen sind.
Da ich auch andere Fragen von dir in dieser Richtung schon kenne,freue ich mich das da jemand an Geschichte des eigenen Landes interessiert ist und nicht das Klischee Ossi-Wessi erfüllt.Dafür einen Daumen hoch von mir.
2006-12-13 19:06:55
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answer #6
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answered by Arnold Layne 3
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Sicher gab es keine Reisefreiheit. Heute kann Jeder wohin er will - kleiner Haken: man braucht schon etwas Geld. Also können heute viele nicht reisen-trotz der "Freiheit". ich glaube auch, die Menschen hielten mehr zusammen und waren einfach menschlicher. Es gab keine Obdachlosen, keine harten Drogen und somit keine Drogentoten, kein Mensch musste hungern oder hatte Angst keine Lehrstelle oder Arbeit zu finden. Es ließe sich noch sehr viel zu sagen. Wenn du mehr wisssen willst, nimm doch Kontakt zu einem "Ossi" auf der lange in der DDR gelebt hat.
2006-12-13 19:05:47
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answer #7
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answered by paule.panther 4
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Ich habe die DDR "nur" als Kind erlebt, muss mich aber manchem Vorredner anschließen, dass mein Leben damals einfacher und sorgloser war. Sicherlich als Kind ein leichtes, wenn ich aber bedenke, dass ich mich jetzt mitunter als 8 jähriger durch Marken und Geld behaupten muss, war es doch anders.
Im Grunde war eine positivere Grundstimmung zu bemerken, alles war irgendwie organisiert, jeder der wollte konnte auch arbeiten, wenn auch nicht dort wo er vielleicht gern gewollt hätte, weil es zum einen nicht die Vielfalt gab, zum anderen Qualifikationen oder die berühmten Kontakte fehlten - oder die "richtige" Einstellung zur Politik. Es gab dahingehend nicht so große Unterschiede zwischen den Persönlichkeiten, heisst auch die Schere zwischen Arm und Reich klaffte nicht so weit auf, alles in allem, waren die meisten "gleichwertig" in der Gesellschaft.
Sicherlich gab es auch genügend negative Punkte - das Recht und die Möglichkeiten seine individuelle Persönlichkeit auszuleben war sehr eingeschränkt. Stasi und Zwangsglauben an das System trübten die allgemeinen Vorzüge des Sozialismus. Es war wirklich eine "Aufgabe" immer daran zu denken nichts falsches zu sagen, ohne jemanden damit auf den Slips zu treten. Außerdem war es für mich selbst schon komisch, dass meine Eltern denunziert wurden, weil ich ein ALF-Comic mit an der Schule hatte, verstanden habe ich es damals sowieso nicht ;-)
Dennoch, auch wenn ich hinter Mauern lebte, fühlte ich mich nicht wirklich eingesperrt, wahrscheinlich weil ich noch zu jung war, aber auch weil es kein Bestreben für mich gab, hinter die Mauern zu sehen, ich kannte es nicht und es gab nichts wirklich was ich vermisst habe.
2006-12-14 08:53:07
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answer #8
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answered by Sasha 1
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ich will versuchen dir einen kleinen einblick in mein leben in der ddr zu geben.
das leben war friedlicher und ruhiger. klar, man musste aufpassen was man sagte und immer schön nach der regierung reden, aber das war das geringere übel.
wenn man in die schule kam wurde man jungpionier und musste ein blaues halstuch und eine weiße bluse tragen. später wurde das halstuch rot und danch kam das blaue fdj hemd. das waren so eine art schuluniformen zu besondernen anlässen, wie tag der republik und 1.mai.
in der schule hat man alles gelernt was man brauchte und eben das fach staatsbürgerkunde, in dem wurde einem gesagt wie einem der staat zu gefallen hat und das der "westen" der feind ist. naja geglaubt haben das nur wenige.
die freizeitgestaltung war recht angenehm. es gab einige angebote und die wurden auch genutzt. klar, vieles unter einem deckmantel, kleine sed`ler zu erziehen oder gar neue stasigenossen zu werben. aber das wußte man und gut.
in diskotheken durfte nur 10 oder 20% westmusik laufen, aber das hat bei uns kein interessiert, hier lief alles was uns gefiel.
fernsehen war nebensache. gab eh nicht viele kanäle und man hat sich eben anderweitig unterhalten. es gab ne menge privatpartys. die gartenspartenpartys waren immer ganz nett und man traf sich, tauschte sich aus oder versuchte geschäfte zu machen. die sahen so aus, das der eine in einem baustoffhandel arbeitete und der andere beim fleischer und so wurde "getauscht": fliesen gegen schinken. hört sich lustig an, war aber gang und gebe in der ddr.
ich denke ich beenede hier mal, sonst wird das noch ewig lang. wenn du mehr wissen möchtest, mail mich an und ich will dir gerne auskunft geben.
2006-12-13 19:30:39
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answer #9
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answered by maxi 4
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Das Leben in der DDR war schön wenn wir die Politische Diktatur wegrechnen.Jede Familie hat sich auf diese damalige Situation eingestellt u. das Beste daraus gemacht.
Als wir 1990 Gesamtdeutsch wurden hätte die Bundesregierung die SED verbieten müssen! Heute kann die PDS (ehem.SED) ungeniert wieder ihre Parolen zur Öffentlichkeit bringen u. die Bürger ideologisieren.
2006-12-13 19:20:52
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answer #10
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answered by Anonymous
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