Turkmenistan
Kurzinformation:
Fläche: 488100 km2
Einwohner: (2004) 4,78 Mio.
Hauptstadt: Aschchabad (turkmenisch Asgabad)
Verwaltungsgliederung: 5 Gebiete (Wilayate)
Amtssprache: Turkmenisch
Nationalfeiertag: 27.10.
Währung: 1 Turkmenistan-Manat (TMM) = 100 Tenge
Zeitzone: MEZ + 4 Stunden
(Turkmenien, amtlich turkmenisch Turkmenostan Jumhuriyati; deutsch Republik Turkmenistan), Staat im Südwesten Mittelasiens, grenzt im Westen an das Kaspische Meer, im Nordwesten an Kasachstan, im Norden und Osten an Usbekistan, im Süden an Afghanistan, im Südwesten an Iran.
Staat und Recht:
Nach der Verfassung vom 18.5. 1992 ist Turkmenistan eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive (Regierungschef) ist der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Präsident (auf 5 Jahre direkt gewählt; die Begrenzung der Amtszeit auf 2 Wahlperioden wurde für derzeitigen Präsidenten 1999 aufgehoben). Die Legislative liegt beim Einkammerparlament (Madjlis; 50 Abgeordnete, für 5 Jahre gewählt). Der seit 1992 existierende und unter Vorsitz des Staatspräsidenten stehende Volksrat (Parlaments- und Regierungsmitglieder, Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs und des Gerichts für Wirtschaftsfragen, Generalstaatsanwalt, Hakims [Präfekte] der Regionen, Repräsentanten weiterer untergeordneter Verwaltungsebenen, Mitglieder des Ältestenrats) ist für bestimmte staatspolitische Grundsatzentscheidungen zuständig. Dominierende Partei ist die Demokratische Partei Turkmenistans (Nachfolgeorganisation der KP). Daneben existieren die Bäuerliche Gerechtigkeitspartei sowie bisher nicht zugelassene Oppositionsbewegungen, darunter die Volksfront Agzybirlik (»Einstimmigkeit«).
Landesnatur:
Turkmenistan erstreckt sich zwischen Kaspischem Meer im Westen und Amudarja im Osten und Südosten. Es wird überwiegend vom Tiefland von Turan eingenommen, besteht größtenteils aus der Wüste Karakum und liegt 100200m über dem Meeresspiegel, in den Niederungen am Kaspischen Meer bis 81m unter dem Meeresspiegel. Im Südwesten hat Turkmenistan Anteil am Kopet-Dag (auf turkmenischen Gebiet bis 2942m über dem Meeresspiegel). Im Norden breitet sich das Ust-Urt-Plateau aus; im Südosten reichen Ausläufer des Hissar-Alai-Systems (bis 3139m über dem Meeresspiegel) hinein. Das Klima ist extrem kontinental, mit heißen, trockenen Sommern und relativ milden Wintern; Niederschläge 75150 mm im Tiefland, bis 400 mm im südlichen Bergland. In der Karakum spärliche Vegetation; an den Flüssen Galeriewälder, im Gebirge nur Steppen; durch Bewässerung (besonders Karakumkanal) entstanden Gebirgsfußoasen.
Bevölkerung:
Die Bevölkerung setzt sich aus 77% Turkmenen, 9% Usbeken, 7% Russen, 2% Kasachen, 1% Tataren und 1% Ukrainern zusammen, ferner Aserbaidschaner, Armenier und Belutschen. Mit einer Bevölkerungsdichte von 9 Einwohner je km2 gehört Turkmenistan zu den am geringsten besiedelten GUS-Staaten Mittelasiens. Am dichtesten (100 bis 200 Einwohner je km2) sind die Oasen im Vorland des Kopet-Dag, die Gebiete am Unterlauf von Tedschen und Murgab, das Tal des Amudarja und die am Karakumkanal gelegenen Gebiete besiedelt. 45% der Bewohner leben in Städten; starke Zuwanderung aus anderen Gebieten der früheren Sowjetunion. Die Turkmenen, Usbeken und übrigen turksprachigen Völker (insgesamt rund 90% der Bevölkerung) bekennen sich zum Islam, der stark durch volksislamische Traditionen geprägt ist (Volksislam). Der Anteil der Christen an der Bevölkerung beträgt nach kirchlichen Angaben 23% (mehrheitlich Orthodoxe [Russen, Armenier], daneben Katholiken und wenige Protestanten [besonders Baptisten]). Es besteht eine neunjährige allgemeine Schulpflicht ab dem 7.Lebensjahr. Das Schulsystem gliedert sich in folgende Stufen: die vierjährige Grundschule und die siebenjährige, zweistufig (Klassen 59 und 1011) aufgebaute Mittelschule, deren Oberstufenabschluss die Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium ist. Die Analphabetenquote beträgt 3%. Das Hochschulwesen umfasst die Turkmenische Staatsuniversität (gegründet 1950) in Aschchabad und acht Hochschulen und Fachhochschulen; jüngste Hochschule ist die Internationale Turkmenische Universität (Erziehungs-, Wirtschafts- und Technikwissenschaft; gegründet 1994) in Aschchabad.
Wirtschaft und Verkehr:
Innerhalb der sowjetischen Wirtschaft war Turkmenistan v.a. Rohstofflieferant von Baumwolle und Brennstoffen (Erdgas und Erdöl), was die Entwicklung einer differenzierten Industrie und Landwirtschaft verhinderte. Daher besteht bis heute eine starke Abhängigkeit von Russland. Die Nutzung russischer Erdgasleitungen für den turkmenischen Erdgasexport über russisches Gebiet ist wegen hoher Transitgebühren wirtschaftshemmend. Die marktwirtschaftliche Umstrukturierung verlief bis 1996 schleppend, beschleunigte sich aber seitdem. Knapp drei Viertel der landwirtschaftlichen Wertschöpfung erbringt der Ackerbau, obwohl von der landwirtschaftlichen Nutzfläche (nach offiziellen Angaben zwei Drittel der Landesfläche) nur 3% auf Ackerland, aber 96% auf Weideland entfallen. Der Ackerbau ist auf Bewässerung angewiesen; der hohe Wasserverlust aufgrund der maroden Bewässerungskanäle (am längsten der Karakumkanal in der Karakum) und die zunehmende Versalzung der Böden führen jedoch zu ökologischen Schäden. Der hohe Mineraldüngereinsatz verursacht ebenso wie die Ableitung ungeklärten Wassers mit einhergehender Grundwasserverseuchung Gesundheitsschäden bei der Bevölkerung. Der Anbau ist monokulturartig auf die Baumwolle ausgerichtet. Die Erträge aus Getreide-, Gemüse- und Obstanbau decken nicht den Nahrungsbedarf der Bevölkerung. Nach dem Baumwollanbau ist die Viehhaltung am wichtigsten (besonders Karakulschafzucht und Kamelhaltung), Bedeutung hat auch die Seidenraupenzucht. Turkmenistan gehört hinsichtlich seiner Vorkommen an Erdgas zu den führenden Ländern der Welt, auch die Erdölvorkommen im Kaspigebiet und in der Karakum sind umfangreich. Die Erdgasförderung erfolgt zu mehr als drei Vierteln in dem Lagerstättenbereich Dauletobad-Dolmes, über zwei Drittel des Erdöls werden in den Lagerstätten Kotur-Tepe und Barsa-Helmes gefördert; unter Mithilfe ausländischer Unternehmen (besonders Japan, USA und Türkei) werden weitere Erdöl- und Erdgaslagerstätten im Festlandssockel des südlichen Kaspischen Meeres sowie im Festlandsbereich erschlossen. Die Förderung anderer Bodenschätze wie Natriumsulfat, Schwefel, Baryt und Bentonit sowie von Gold sind von untergeordneter Bedeutung. Die Industrie verarbeitet im Wesentlichen Baumwolle u.a. landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie mineralische Rohstoffe. Hauptindustriezweige sind daher traditionell die Textil- (besonders Teppichherstellung) und Nahrungsmittelindustrie sowie die nach 1930 entstandene petrochemische und chemische Industrie. Exportiert werden neben Erdöl und -gas v.a. Baumwolle, Naturseide, Karakulfelle, Teppiche, Häute, chemische Rohstoffe; importiert werden Maschinen, Industrieausrüstungen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel u.a. Konsumgüter. Die wichtigsten Handelspartner sind Russland u.a. GUS-Staaten, die USA, Türkei und Deutschland.
Das Eisenbahnnetz umfasst 2313 km (seit 1996 neue Eisenbahnlinie von Tedschen nach Meschhed in Iran), das Straßennetz 24000 km; etwa 700 km Binnenwasserstraßen auf dem Amudarja und Karakumkanal; Haupthafen ist Turkmenbaschi. Internationaler Flughafen bei Aschchabad.
Geschichte:
Im Altertum gehörte das Territorium von Turkmenistan zum persischen Großreich der Achaimeniden. Im 7./8.Jahrhundert wurde Turkmenistan von den Arabern erobert. Seit dem 8.Jahrhundert drangen die Vorfahren der Turkmenen, die türkischen Ogusen, in das Gebiet vor und wurden im 10.Jahrhundert islamisiert (etwa seitdem als Turkmenen bezeichnet). Im 13.Jahrhundert fielen die Mongolen in Turkmenistan ein. Nach dem Zerfall der Goldenen Horde kamen die nomadisch lebenden Turkmenen seit dem 16.Jahrhundert teilweise unter die Herrschaft der Khanate Buchara und Chiwa, teils unter persische Oberhoheit. Im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts unterwarf Russland mehrere turkmenische Stämme (1881 Eroberung der turkmenischen Festung Gök-Tepe, 1884 Einnahme von Merw) und unterstellte sich das »Transkaspien« genannte Gebiet; ein Teil der Turkmenen verblieb bei Buchara und Chiwa. 1916 beteiligten sich die Turkmenen am zentralasiatischen Aufstand gegen die russische Verwaltung.
Nach der Oktoberrevolution leisteten sie erbitterten Widerstand (besonders unter Dschunaid Khan) gegen die Errichtung der bolschewistischen Herrschaft, die in (dem 191820 von britischen Interventen besetzten) Turkmenistan erst 1920 durchgesetzt werden konnte. 191824 war Turkmenistan innerhalb der RSFSR Bestandteil der Turkestanischen ASSR. Am 27.10. 1924 wurde aus einem Teil dieser ASSR sowie aus Gebieten der Sowjetrepublik Buchara und Choresm die Turkmenische SSR gebildet. Die 1926 eingeleitete und Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre forcierte Kollektivierung der Landwirtschaft war mit der zwangsweisen Sesshaftmachung der Nomaden verbunden. Stalinistische Repressalien richteten sich u.a. gegen die junge nationale Intelligenz und nationalkommunistische Kräfte. Am 6.10. 1948 zerstörte ein verheerendes Erdbeben die Hauptstadt Aschchabad. 1954 begann der Bau des Karakumkanals.
Die Politik der Perestroika wirkte sich in dem von S.Nijasow (seit 1985 Vorsitzender des Ministerrats und Chef der nationalen KP-Organisation) geführten Turkmenistan kaum aus. Dem Beispiel anderer Unionsrepubliken folgend, erklärte Turkmenistan am 22.8. 1990 seine Souveränität innerhalb der Sowjetunion und nach einem Referendum am 27.10. 1991 seine Unabhängigkeit (Umbenennung in Republik Turkmenistan). Die Ende 1991 aus der KP hervorgegangene Demokratische Partei Turkmenistans konnte sich die Macht sichern. Im Dezember 1991 trat Turkmenistan der GUS bei, im März 1992 wurde es Mitglied der UN. Nach Annahme einer neuen Verfassung (18.5. 1992) wurde Staatspräsident S.Nijasow (in diesem Amt seit 1990) im Juni 1992 wieder gewählt; als »Turkmenbaschi« (»Führer aller Turkmenen«) von einem zunehmenden Personenkult umgeben und autokratisch regierend, ließ er sich per Referendum 1994 seine Amtszeit zunächst bis 2002 verlängern. Im Dezember 1999 proklamierte ihn das Parlament zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit.
Im Januar 1993 vereinbarte Turkmenistan mit den anderen mittelasiatischen GUS-Republiken eine Wirtschaftsgemeinschaft. Außenpolitisch führte Turkmenistan seine engen Beziehungen zu Russland fort, baute jedoch auch die Verbindungen zur Türkei und zu Iran, mit dem es eine über 1000 km lange Grenze hat, aus. Im Oktober 1995 wurde Turkmenistan Mitglied der Bewegung der blockfreien Staaten und ließ sich im Dezember 1995 von der UN-Versammlung den Status eines neutralen Landes anerkennen. Im April 2003 unterzeichneten Turkmenistan und Russland ein Abkommen, das turkmenische Erdgaslieferungen innerhalb der folgenden 25 Jahre vorsah. Daneben beinhaltete der (zunächst von der russischen Staatsduma nicht ratifizierte) Vertrag die Aufkündigung einer seit 1993 geltenden Regelung zur doppelten Staatsbürgerschaft. Entgegen russischer Intention zwang Präsident Nijasow daraufhin die ca. 100000 in Turkmenistan lebenden Russen sich für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden, wobei diesen bei Wahl des russischen Passes Ausweisung und Besitzverlust drohte, was schließlich zum Konflikt mit der Moskauer Regierung führte.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
GUS: Die islamischen GUS-Staaten am Scheideweg
http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/tx.html Der CIA fasst hier die wesentlichen geographischen und politökonomischen Daten Turkmenistans zusammen (in Englisch).
2006-11-25 18:48:45
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answer #6
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answered by Max 80 3
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