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Es hat was mit der kommenden Gesundheitsreform zu tun, soviel
ist sicher. Im hessischen Fernsehen wurden einige Begriffe daraus
auf Schilder geschrieben und Passanten sowie Politikern gezeigt, z.B. der wunderschöne "morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich". Fast alle Passanten wußten keine Antwort, und bei den Politikern ? Eine von den Grünen: "ICH WEISS ES !!! ... aber es fällt mir grad nicht ein !"
Das könnt ihr doch besser als diese politischen Versager, oder ? Also, ich bin gespannt auf eure Antworten.

Gruß,
Jorge Garcia

2006-11-03 10:50:21 · 5 antworten · gefragt von quads3 6 in Wissenschaft & Mathematik Medizin

5 antworten

Ich versuche es mal auf einfach:
Zur Feststellung: Wir haben ja über 230 Krankenkassen - lassen wir mal die Privatversicherungen raus.
Es gibt insgesamt ca. 81 Millionen versicherte und davon sind ca. 71 Millionen Bundesbürger in der gesetzlichen Krankenkasse.
Wenn jetzt eine Krankenkasse prozentual vom Eigenanteil der Patienten mehr chronisch erkrankte oder schwersterkrankte Patienten als die anderen Versicherungen im Schnitt hat, bekommt diese aus einem großen Topf einen Zuschuss zur Risikoabdeckung dieser Patientengruppe. Denn es wird damit angestrebt, dass sich nicht einige Versicherungen mit einem guten Beitragssatz die gesündesten Patienten in ihre Kasse holen und die anderen dürfen als Patientenaltbestand dann allein die schwersten Krankheitsfälle bezahlen. Es wird ja angestrebt die Anzahl der Kassen zu verringern, um die Betriebskosten zu reduzieren. Nur wann das stattfinden wird, steht noch in den Sternen.
Es soll ja der Wettbewerb dadurch verbessert werden, in dem jede Krankenkasse ihre Kostenseite nicht aus den Augen verliert.
Morbus = Krank-heit
Ich glaube es so einfach wie möglich beschrieben zu haben.

2006-11-03 11:58:59 · answer #1 · answered by Lannus 7 · 0 0

Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich
Mehr Gerechtigkeit oder weniger Wettbewerb und höhere Kosten?
Symposion der GRPG am 16.12.2004 in Berlin
Inhaltsverzeichnis
Dauerbrenner RSA-Reform – eine Einführung
Dipl.-Ök. Wolfgang Schmeinck
Das Konzept der RSA-Reform und der Wettbewerb in der GKV
Prof. Dr. Günter Neubauer
Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich und Versorgungseffizienz
Prof. Dr. Reiner Leidl und
Prof. Dr. Stefan Felder
Fehlanreize einer Morbiditätsorientierung von RSA und Vergütung
Prof. Dr. Eberhard Wille
Schöne Neue Welt des RSA? Politische Kommentierung
Statements aus Sicht der Länder
MinDirig Manfred Zach und
Schöne Neue Welt des RSA? Politische Kommentierung
Statements aus Sicht der Länder
MinRat Hartmut Reiners
Alle uns zur Verfügung gestellten Abstracts und Folien werden im Internet unter
www.grpg.de/Aktivitäten/Veranstaltungstermine veröffentlicht
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
Dauerbrenner RSA-Reform – eine Einführung
Dipl.-Ök. Wolfgang Schmeinck
Der Risikostrukturausgleich soll zum 1. Januar 2007 auf eine direkte Morbiditätsorientierung (MRSA)
umgestellt werden. Hierzu wird das BMGS in den nächsten Wochen eine
Rechtsverordnung vorlegen, in der die Einführung des neuen Verfahrens geregelt werden soll.
Diese Verordnung bedarf lediglich der Zustimmung des Bundesrates, nicht aber des
Bundestages (§ 268 Abs.2 SGB V).
Unsere Analyse des zugrundeliegenden Gutachten-Entwurfs weckt die massive Befürchtung,
daß das vorgeschlagene Konzept des M-RSA zu einer neuen Kostenwelle für die GKV führen
würde. Beitragssatzsenkungen würden illusorisch und der Wettbewerb in der GKV würde auf
den Kopf gestellt. Wenn – nach den Vorschlägen der Gutachter – Verordnungsdaten gleichermaßen zur Grundlage der Vergütung der Leistungserbringer wie der RSAAusgleichsansprüche
der Krankenkassen gemacht würden, hätten Krankenkassen wie
Leistungserbringer plötzlich ein gleichgerichtetes Interesse an teuren Fällen. Die wettbewerblichen Effizienzanreize würden zum Fremdwort in der GKV.
Mit dieser These werden sich die Referenten des heutigen Tages auseinandersetzen. Ich willmich daher hier tatsächlich auf eine Einführung in die Thematik beschränken und zum Schluß
auch eine Bemerkung zu den Randbedingungen dieser Veranstaltung machen.Ausgangslage. Das Gutachten zum Morbi-RSA hätte zum 31. Dezember 2003 vorliegen sollen. Tatsächlich wurde eine Entwurfsfassung im Juli 2004 vorgelegt. Dieser voluminöse Entwurf wurde dann in
einer sehr kurzfristig einberufenen Sitzung mit den Fachleuten der GKV-Spitzenverbände besprochen. Wenige Tage später haben wir im Nachgang der naturgemäß kontroversen
Diskussion einige fachliche Fragen aufgeworfen, die sich aus der immanenten Logik des Gutachtens ergeben und um entsprechende weitere Analysen gebeten. Außerdem haben wir
die Bitte geäußert, die Daten, auf denen das wissenschaftliche Gutachten beruht, in anonymisierter Form allen GKV-Spitzenverbänden zur Verfügung zu stellen, um durch eigene
Analysen und Berechnungen die Ergebnisse des Gutachtens nachvollziehen zu können. Denn nur wenn alle Kassenarten von AOK bis BKK die Daten haben, ist tatsächlich eine
wissenschaftliche Debatte möglich. Wir haben bis heute keine Reaktion darauf erhalten und auch die Endfassung des Gutachtens, die seit Anfang September immer wieder informell angekündigt wurde, liegt immer noch nicht vor. (In § 268 SGB V heißt es übrigens wörtlich, das Ministerium abe „sicherzustellen, daß die Untersuchung bis zum 31. Dezember 2003 abgeschlossen ist.“) Allerdings wird meines Wissens
unabhängig davon bereits an der Verordnung zur Veränderung des RSA gearbeitet. Diese Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG). Verordnung sollte bereits bis spätestens zum 30. Juni 2004 verabschiedet sein. Was auch zur
technischen Umsetzung bei den Krankenkassen dringend erforderlich (gewesen) wäre. So liegt heute weder das Gutachten in einer offiziellen Fassung vor. Noch gibt es eine politische Willenserklärung, was denn auf der Basis dieses Gutachtens bzw. seines Entwurfs tatsächlich
in der Verordnung umgesetzt werden soll. Erst recht nicht gibt es eine Initiative des Ministeriums, einen (wie es in § 268 ebenfalls vorgeschrieben ist) „einvernehmlichen Vorschlag der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Bestimmung der Versichertengruppen und Gewichtungsfaktoren sowie ihrer Klassifikationsmerkmale“ einzuholen.
Das bisherige Verfahren seitens des Ministeriums und auch der Gutachter selbst kann hier keineswegs als transparent und als den Gepflogenheiten wissenschaftlicher Diskussion
entsprechend bezeichnet werden. Die Trennlinie zwischen Politik und Wissenschaft ist hier verwischt worden.
Vorgeschichte des M-RSA Vor diesem Hintergrund muß es erlaubt sein, noch einmal kritisch auf die Voraussetzungen
nicht nur des Gutachtens, sondern auch der zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen einzugehen. Die damals, d.h. im Jahr 2001, getroffene Entscheidung zur „Weiterentwicklung des RSA“ bezog sich auf eine zum Teil hysterisch geführte Debatte über
Beitragssatzunterschiede und Mitgliederwanderungen. Schon heute, d.h. nur knapp vier Jahre später sind diese Beitragssatzunterschiede auf ein vergleichsweise höchst bescheidenes Maß geschrumpft, das heute niemanden mehr zu weitreichenden Eingriffen in das Finanzausgleichssystem motivieren würde. Auch die Mitgliederwanderungen sind heute
dementsprechend verlangsamt.
Der GKV-Wettbewerb hat offenbar jetzt sein „Normalmaß“ gefunden und ist inzwischen alles andere als spektakulär. Die damalige Aufregung kam bei vielen offenbar nur daher, daß mit den BKK die in ihren Augen „Falschen“ die Gewinner dieses Wettbewerb waren.
Es hat sich tatsächlich gezeigt, daß der RSA nach Status quo besser ist als sein Ruf, der u.a. von den Gutachtern zum M-RSA selbst systematisch heruntergeredet worden ist. Die nie
bewiesene Behauptung, diese Form bzw. diese Ausgestaltung des RSA würde zu einer systematischen Risikoselektion führen, hat allerdings leider eine breite Anhängerschaft gefunden. Daß der pragmatisch und relativ schlicht ausgerichtete RSA nach Status quo jedoch seine Funktion sehr wohl erfüllt, zeigt die Entwicklung der Beitragssätze und Mitgliederwanderung der jüngsten Zeit sehr eindrucksvoll. Daß ein komplizierteres System hier gerechter wäre, und das, ohne an anderer Stelle neue und möglicherweise größere Probleme zu schaffen, ist nie bewiesen worden. Auch das aktuelle Gutachten beschäftigt sich mit dieser
Frage überhaupt nicht, bzw. drückt sich darum herum.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG). Bei dem Blick auf die kurzfristigen Effekte haben die Gutachter offensichtlich die langfristigen Wirkungen auf das GKV-System insgesamt aus den Augen verloren.
Es gibt nämlich bisher weder eine systemimmanente Abwägung dazu, welche nicht-intendierten und ggf. kontraproduktiven Folgen ein M-RSA hätte (von der Strategie- und anipulationsanfälligkeit über die mittelbaren Fehlanreize für die Versorgung und die Kostenentwicklung bis hin zum erhöhten Verwaltungsaufwand), noch eine Abschätzung der
Transformationskosten von heute zu einem künftigen M-RSA. Wie eine realistische Umsetzungsvariante für den M-RSA aussehen könnte, welche „Anpassungen“ des
amerikanischen „Groupers“ für die deutschen Verhältnisse vorgenommen werden müssen, und welche Richtung die schon heute vorgesehene kontinuierliche „Weiterentwicklung“ des
morbiditätsorientierten RSA Jahr für Jahr nehmen würde, - das ist alles völlig offen. Die Erfahrungen mit dem DRG-System im Krankenhaus sprechen dabei Bände. Da wurde und wird
an einem vielleicht in der Ursprungsform noch wissenschaftlich sauberen System so lange reformiert und geknetet, bis die Vorteile dort landen, wo sie politisch erwünscht sind.
Ausgleich muß sein, aber mit den richtigen Anreizen
Auch der BKK Bundesverband hat sich (im Jahr 2001) ja nicht grundsätzlich dagegen gewehrt, nach – gegenüber dem Status quo - alternativen Formen der Messung von Morbidität zu
suchen. Die müßten dann aber auch die richtigen Anreize für den Wettbewerb der Kassen setzen bzw. verstärken. Allerdings waren wir schon damals skeptisch. – Der nunmehr vorliegende Entwurf der Gutachter bestätigt daher unsere damaligen Bedenken.
Diskussion noch einmal grundsätzlich öffnen – statt sich auf die verengten und politisch voreingenommenen Standpunkte der Gutachter einzulassen Insoweit geht es dem BKK Bundesverband und der Techniker Krankenkasse tatsächlich darum, die Debatte um die Weiterentwicklung des RSA neu aufzurollen. Daß die Regierungskoalition, das Ministerium und die beteiligten Gutachter daran wenig Interesse haben, ist verständlich. Dort will man offenbar das Verfahren ohne größere Aufmerksamkeitswirkung durchziehen und stellt die Angelegenheit so dar, als ginge es nur um die technische Umsetzung von in der Substanz längst konsensuell beschlossener und nicht mehr bestrittener Entscheidungen.
Dem ist jedoch keineswegs so. Seit der damaligen Entscheidung haben sich nicht nur die schon damals aufgebauschten Probleme weitgehend von selbst – bzw. auch mit Hilfe des RSA nach Status quo – gelöst. Es sind auch neue Einsichten und Ansichten in Bezug auf den RSA und
die Finanzierung der GKV insgesamt hinzugekommen, die dazu zwingen, über die Zusammenhänge neu nachzudenken. Das betrifft vor allem die Frage der nachhaltigen
Finanzierung der Krankenversicherung, die ja zur Zeit – und mit Wirkung für die Gesetzgebung der nächsten Wahlperiode – sehr heftig diskutiert wird. Quantität und auch die Qualität der
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
Umverteilung im Rahmen des RSA sind entscheidend von der gewählten künftigen Form der Finanzierung der GKV abhängig.
Die gesundheitspolitische Debatte zeigt dabei deutlich, dass die Frage der langfristigen Finanzierung der GKV (Gesundheitsprämie, Bürgerversicherung oder ein Mischmodell) erst nach der Bundestagswahl 2006 entschieden wird. Jetzt den RSA grundsätzlich umzubauen, ohne zu wissen, für welche Art der gesetzlichen Krankenversicherung er später passen
muss, ist wenig sinnvoll. Deshalb muss erst über die Finanzierung der GKV entschieden werden, dann über eine eventuelle Grundsatzreform des RSA.
Zum Abschluß noch ein Blick auf die Verhältnismäßigkeit: Mit der Gesundheitsreform sollten ca. 10 Milliarden Euro im Jahr bewegt werden. Und dafür haben die führenden Politiker von
SPD,CDU/CSU und den Grünen wochenlang gearbeitet und diskutiert, bis sich schließlich der Kanzler und Frau Merkel persönlich eingeschaltet haben. Mit dem RSA werden jedes Jahr 14 Milliarden bewegt und dies soll auf der Grundlage eines Gutachtens, das nach einem Jahr immer noch nicht fertig ist, per Rechtsverordnung des BMGS völlig neu gestaltet werden? – Da
sind doch eindeutig die Verhältnisse durcheinander geraten.
Den Gutachtern geht es offenbar darum, die Voraussetzungen und die Ergebnisse ihres Gutachtens als politisch unumstößliche Maßgaben darzustellen (vgl. z.B. das Supplement Nr.
10 der Zeitschrift G+G, Interview mit Wasem, Lauterbach und Schräder (IGES) S. 12/13).
Zielsetzung dieser Tagung ist jedoch, die Voraussetzungen der damaligen Entscheidung für einen morbiditätsorientierten RSA noch einmal kritisch zu beleuchten. Das Gutachten selbst
bietet dazu allen Anlaß. Da sich die Gutachter in ihrem Gutachten selbst und an anderer Stelle zu diesen Fragen bereits unmißverständlich geäußert haben, ist es legitim, sich kritisch darauf zu beziehen, ohne die Gutachter selbst an diesem Schritt der Diskussion zu beteiligen.
Wir, BKK BV und TK als Unterstützer dieser Veranstaltung, sind hier nicht neutral und wollen auch gar nicht den Eindruck erwecken, es ginge hier um abstrakte wissenschaftliche Diskurse. Es geht vielmehr um eine eminent wichtige politische Entscheidung, mit der möglichen Konsequenz verhängnisvoller Weichenstellungen. Um dazu auf der Grundlage inzwischen
besserer Erkenntnisse die politische Grundsatz-Frage noch einmal aufzuwerfen, haben wir diese Tagung angeregt.
Gerade diese Bundesregierung hat doch gezeigt, daß man aufgrund besserer Einsichten, auch bereits getroffene gesetzliche Regelungen wieder grundsätzlich umgestalten kann. Diese Tagung soll dazu auf breiter Basis Anregungen geben.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG) Das Konzept der RSA-Reform und der Wettbewerb in der GKV Prof. Dr. Günter Neubauer (Die Vortragsfolien werden im Internet unter www.grpg.de/Aktivitäten/Veranstaltungstermine
veröffentlicht.) Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich und Versorgungseffizienz
Prof. Dr. Reiner Leidl und Prof. Dr. Stefan Felder
Mit Blick auf die Bestrebungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes, eine stärkere
sektorale Integration der Versorgung zu fördern, birgt ein morbiditätsorientierte RSA-Verfahren, das die Höhe des Versicherungsrisikos durch Leistungsindikatoren aus dem Krankenhaus- und Arzneimittelbereich zu erfassen sucht, deutliche Risiken: Versicherte, die ambulant statt stationär oder die mit teueren Arzneimitteltherapien versorgt werden, erbringen der Kasse höhere Ausgleichansprüche aus dem RSA. Somit können sogar nicht effiziente Mehrleistungen
zu positiven Zahlungen im RSA führen. Durch die Beschränkung der RSAMorbiditätsindikatoren auf Teilbereiche des Leistungsspektrums ist das Ausgleichsverfahren ferner nicht versorgungsneutral. Generell sollte die Art und Weise, wie Versorgungsaufgaben realisiert werden, dem Wettbewerb in der Versorgung überlassen bleiben. Das von den Gutachtern vorgeschlagene Modell „IPHCC+RxGroups“ wurde vom
amerikanischen Unternehmen DxCG Inc. entwickelt und wird für eine Reihe von primär management-orientierten Anwendungen angeboten. Es weist die höchste Prognosekraft für die
Jahresausgaben auf Versichertenebene auf. Allerdings werden in dem Verfahren Aspekte der langfristigen Risikoauswahl ebenso wenig berücksichtigt wie regionale Besonderheiten des
Versorgungsangebots. Zusätzlich zu den im Gutachten vorgenommenen Vergleichen könnten weitere Überlegungen vorgenommen werden. So wäre zu fragen, ob sich nicht ein eigenes Verfahren für die gesetzliche Krankenversicherung entwickeln lässt, dessen Variablenauswahl und Modellspezifikation spezifisch auf den deutschen Kontext zugeschnitten würde. Weitere empirische Prüfungen wären bezüglich der Auswirkungen des Morbi-RSA auf einzelne Kassen
wünschenswert, da es bei den ökonometrisch unterspezifizierten Systemen zu erheblichen
systematischen Verzerrungen für Teilauswahlen von Versicherten kommen kann.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
Das DxCG-Modell stellt hohe Informationsanforderungen, die zu beträchtlichen Erhebungs- und Überwachungskosten führen. Gleichzeitig entwickelt die Gesetzliche Krankenversicherung
morbiditätsorientierte Vergütungssysteme, die mit dem vorgeschlagenen RSA-Modell teilweise in Konkurrenz stehen. Im Gutachten bleibt offen, ob das DxCG-Modell substitutiv oder
komplementär zu G-DRGs und Regelleistungsvolumina zu sehen ist und wie hoch die Kosten der Umsetzung dieses dritten Modells einzuschätzen sind.
Schließlich setzen die politischen Diskussionen um die Grundprinzipien einer nachhaltigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung einen weiteren Akzent. Bei einer Finanzierung über Kopfpauschalen könnte der RSA vereinfacht werden, da die Finanzkraft einer Kasse als Risikofaktor für die Höhe der RSA-Transfers wegfiele. Es spräche einiges dafür, erst die Grundsatzentscheidungen zur nachhaltigen Finanzierung zu treffen und daran anknüpfend den RSA als Wettbewerbsrahmen neu zu definieren. (Die Vortragsfolien werden im Internet unter ww.grpg.de/Aktivitäten/Veranstaltungstermine
veröffentlicht.)
Fehlanreize einer Morbiditätsorientierung von RSA und Vergütung
Prof. Dr. Eberhard Wille (Die Vortragsfolien werden im Internet unter www.grpg.de/Aktivitäten/Veranstaltungstermine
veröffentlicht.)
Schöne Neue Welt des RSA? Politische Kommentierung
Statements aus Sicht der Länder
MinDirig Manfred Zach
1. Verfahrensstand
Der politische Diskussionsprozess zu diesem Thema ist gerade erst angelaufen. Er wird in eine
konkrete Phase treten, wenn das BMGS gemäß
§ 286 Abs. 2 SGB V eine Rechtsverordnung zum Morbi-RSA vorlegt. Diese RVO bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Wie sich der Bundesrat positionieren wird, kann gegenwärtig
nicht gesagt werden, da es die RVO noch nicht gibt. Angeblich soll sie im Januar vorgelegt werden. Nach Zuleitung an den Bundesrat werden die Länder ihre Haltung in dem üblichen
Verfahren abstimmen.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
2. Gegenwärtiger Diskussionsstand
Die jetzige Haltung der unionsgeführten Bundesländer gegenüber einem direkt morbiditätsorientierten RSA ist mehrheitlich kritisch.Für die vor dem Bundesverfassungsgericht Klage führenden Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen ergibt sich das schon aus ihren grundsätzlichen Zweifeln an der Befugnis des Bundes, ohne verfassungsrechtliche Grundlage in die Finanzautonomie der Länder, die die
Krankenkassen als mittelbare Staatsverwaltung mit umfasst, einzugreifen.
Ungeachtet solcher verfassungsrechtlicher Bedenken bestehen bei allen B-Ländern erhebliche
Vorbehalte gegen Regelungen, wie sie im Gutachten IGES / Lauterbach / Wasem
vorgeschlagen werden. Die meisten Kritikpunkte sind in den vorangegangen Referaten schon
benannt worden, es genügt daher,
sie stichwortartig zu wiederholen.
3. Kritik am Gutachten IGES /Lauterbach / Wasem
Die Datenbasis, auf der das Gutachten erstellt wurde, wird von den Gutachtern selbst als knapp ausreichend bewertet. Die offenbar hohe Quote falscher bzw. nicht verwertbarer Stichprobendaten, welche die Krankenkassen lieferten, lässt befürchten, dass auch die verwendeten Daten mit einem hohen Fehlerrisiko behaftet sind, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Aussagekraft der von den Gutachtern getroffenen
Schlussfolgerungen und Prognosen.
Der zeitliche Bezugspunkt der Daten (2001/2002) ist überholt. Wesentliche seitherige Veränderungen bei der Beitragssatzentwicklung, dem Finanzkraft- und
Beitragsbedarfsausgleich und der Einbeziehung von trukturierten
Behandlungsprogrammen in den RSA konnten nicht berücksichtigt werden. Selbst bei unterstellter Richtigkeit der verwendeten Daten ergeben diese somit kein zutreffendes
Bild von der aktuellen Verteilungssystematik des RSA. Erst recht gilt dies für eine Projektion auf die Risiko- und Vrsorgungsstruktur des geplanten Einführungsjahres 2007, unter den dann gegebenen Bedingungen einer schrittweisen Usetzung von Fallpauschalen-Vergütungen im stationären und ambulanten Bereich.
Zentrale Aussagen des Gutachtens, etwa der behauptete Zugewinn an Prognosegüte des Morbi-RSA durch einen verbesserten Wirkungskoeffizienten R², lassen sich
mangels Kenntnis der zugrunde liegenden Datensätze nicht überprüfen; man kann sie glauben oder auch nicht.
Das vorgeschlagene Kombinationsmodell von Kankenhausdiagnosen und Arzneimittelverordnungen hat noch keinen Praxistest in einer den deutschen Verhältnissen auch nur annähernd gleichkommenden Größenordnung bestanden. Das
zugrunde liegende US-amerikanische Klassifikationssystem ist auf einen anders gearteten, privatwirtschaftlich organisierten Gesundheitsmarkt zugeschnitten. Über die Modalitäten der Anpassung an das deutsche Gesundheitssystem besteht keine Klarheit. Dasselbe gilt für das erforderliche neue Meldeverfahren für Kassenwechsler.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
Das von den Gutachtern vorgeschlagene Modell ist hoch komplex und in sich nicht kohärent. Direkte und indirekte Morbiditätsindikatoren werden selektiv miteinander
verknüpft. Die Beibehaltung des Erwerbsminderungsstatus’ und der Krankengeldzahlungen geben altersbedingten bzw. chronischen Erkrankungen und stationären Versorgungsleistungen ein möglicherweise wttbewerbsverzerrendes
Übergewicht. Nicht nachvollziehbar ist auch die systemfremde Managementpauschale für DMP.
Die Probleme der praktischen Umsetzung bei der Erfassung, Zuordnung, Verwaltung und Überprüfung der gewaltigen Datenmenge bleiben in dem Gutachten völlig ausgeblendet. In der GKV gibt es derzeit rund 800 Millionen Einzelverordnungen p.a. Diese müssen, zusammen mit den Krankenhausleistungen, nach Morbiditätsclustern versichertenindividuell zugeordnet werden. Das Fehler- und Manipulationsrisiko ist beträchtlich. Die staatlichen Prüfbehörden beklagen bereits jetzt eine nicht mehr zu bewältigende Datenflut bei der Kontrolle der ca. 1 Million DMP-Einschreibungen.
Schließlich: Der avisierte Zeitplan für das prospektive Verfahren, der die Einbeziehung von strukturierten Morbiditätsdaten einschließlich zusammengeführter Kassenwechsler-
Daten zumindest ab dem Jahr 2005 voraussetzt, erscheint unrealistisch. Sollte der Morbi-RSA wie vorgesehen ab 2007 auf der Basis des Gutachtermodells eingeführt werden, wird der RSA zu einem riesigen GKV-Feldversuch mit unkalkulierbaren Risiken für die Haushaltsplanung der Krankenkassen.
Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass das vorgelegte Gutachten als Grundlage für einen nach Morbiditätskriterien weiterentwickelten RSA nicht geeignet erscheint. Eine darauf
basierende RVO wäre mit unverantwortlichen Risiken behaftet und würde zumindest dem Erfordernis des § 268 Abs. 1 Ziff. 5 SGB V nicht entsprechen, wonach der Morbi-RSA
‚praktikabel und kontrollierbar’ sein muss.
4. Weitere Kritikpunkte
Zusätzlich zu den genannten Kritikpunkten ergeben sich eine Reihe weiterer Fragen, die an die geplante Einführung eines morbiditätsorientierten RSA gestellt werden müssen. Sie betreffen in erster Linie die Relation von Nutzen und Risiken Eine Orientierung an der tatsächlichen Morbidität von Versicherten setzt für Kassen den Anreiz, ihre Versicherten in Gruppen mit möglichst hoher Morbidität einzuordnen. Diese Tendenz könnte, zusammen mit der Umstellung auf Diagnose basierte Fallpauschalen im stationären und ambulanten ärztlichen Bereich, erhebliche Kosten treibende Wirkungen entfalten. Entsprechende Auswirkungen auf die Beitragssätze wären
vorprogrammiert.
Bisher unbestrittene gesundheitspolitische Grundsätze wie ‚Ambulant vor Stationär’ und ‚Soviel Prävention wie möglich’ könnten ihre Gültigkeit verlieren, da sie sich finanziell
für die Kassen nicht mehr rechnen.
Die Versorgungsqualität von Patienten in ‚unattraktiven’ Morbi-Gruppen könnte sinken, da das zur Verfügung stehende Geld von teuren Behandlungsformen absorbiert wird.
Entsprechende Beobachtungen lassen sich bereits jetzt bei den DMP machen. Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG). Aufwändige Versorgungsstrukturen im stationären Bereich könnten zu Lasten der Länder, die sich insoweit um Kosteneffizienz bemühen, in noch höherem Maße quersubventioniert werden als bisher schon. Qualität und Wirtschaftlichkeit der
Leistungserbringung würden damit gerade nicht, wie es § 268 Abs. 1 Ziff. 4 SGB V verlangt, gefördert.
Alle Bemühungen, den RSA einfacher und transparenter zu gestalten, könnten durch die für einen Morbi-RSA notwendige Verfeinerung der standardisierten Leistungsausgaben konterkariert werden. Der Verwaltungsaufwand bei den Kassen und bei den staatlichen Aufsichts- und Prüfbehörden würde erheblich zunehmen.
Letztendlich ist der Grenznutzen einer morbiditätsorientierten Umstellung des RSA zu hinterfragen. Die Beitragssätze haben sich bereits jetzt weit gehend angenähert. So genannte Wachstumskassen werden durch die bestehende RSA-Systematik binnen weniger Jahre zu Beitragssätzen in Höhe des Ausgleichsbedarfsatzes oder darüber gezwungen. Eine weitere, krankheitsinduzierte Beitragssatzangleichung könnte die
bisherigen Ansätze zu mehr Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zunichte machen. Unerwünschte Risikoselektionen würden nicht vermindert, sondern
lediglich nach dem Motto ‚Mehr Kranke statt Gesunde’ ausgetauscht, wobei die Selektion hier wesentlich gezielter erfolgen kann. Dies entspräche nicht dem Auftrag des § 268 SGB V, die Anreize für Risikoselektion zu verringern.
5. Fazit
Aus all diesen Gründen stehen die unionsgeführten Länder der Einführung eines Morbi-RSA skeptisch bis ablehnend gegenüber. Sie sehen die notwendigen Voraussetzungen für eine
Verbesserung des geltenden RSA auf der Basis der bislang vorgelegten Vorschläge nicht als gegeben an. Hingegen ist die Gefahr, dass der durch das GMG eingeleitete
Konsolidierungsprozess der gesetzlichen Krankenversicherung gestoppt oder sogar in sein Gegenteil verkehrt wird, nicht von der Hand zu weisen. Schöne Neue Welt des RSA? Politische Kommentierung Statements aus Sicht der Länder
MinRat Hartmut Reiners • Der Untertitel der GRPG-Veranstaltung „Mehr Gerechtigkeit oder weniger Wettbewerb
und höhere Kosten“ liegt neben der Spur. Eine solche Alternative steht nirgendwo zur Debatte, es sei denn in ideologischen Scheinwelten.
• Die Frage nach der Notwendigkeit des RSA und der Effektivität seiner Instrumente ist untrennbar mit den Zielen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen verbunden. Dieser
Wettbewerb darf sich nicht als Selbstzweck begreifen und ordnungspolitischen Dogmen ausrichten, sondern muss sich als Steuerungsinstrument mit dem Ziel begreifen, allen GKVVersicherten eine angemessene medizinische Versorgung zu erträglichen Kosten zu gewähren.
Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen e.V. (GRPG)
• Auch ist der RSA kein Subventionsinstrument, sondern ein Verteilungsschlüssel, der den Kassen ihren Anteil an den gesamten GKV-Einnahmen gemäß der Risikostruktur ihrer
Mitglieder zuweist. Eine Regionalisierung ist ihm in der GKV ebenso fremd wie eine Beschränkung auf Kassenarten.
• Die zurzeit geführten Debatten drehen sich weniger um das „ob“ eines Morbiditäts-RSA, als um das „wie“. Schließlich hat auch der geltende RSA eine Morbiditätskomponente.
Allerdings sind dessen „Grouper“ Alter, Geschlecht sowie EM-Rentner erwiesenermaßen unzulänglich.
• Entscheidend ist die Frage, ob die dem RSA zugrunde liegenden Grouper die jeweiligen. Kostenrisiken angemessen erfassen und zu einer brauchbaren Standardisierung von
Behandlungsausgaben führen können. Das ist bei dem von Gutachtern IGES & Co.
Vorgeschlagenen Modell der Fall. Es stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bestehenden Ausgleichsmechanismus dar.
• Eine sowohl für einen rationalen Kassenwettbewerb als auch für die unternehmenspolitischen Strategien entscheidende Funktion des Morbiditäts-RSA ist die des „Benchmarking“. Die Kassen erhalten einen deutlich verbesserten Einblick in ihre
Wettbewerbsfähigkeit und die Effizienz ihrer Vertragspolitik.
• Wir brauchen in der GKV ein langfristig aufgestelltes Kassenmanagement. Ohne ein systematisches und objektives Monitoring- und Benchmarking-System wird es das aber
nicht geben. Nicht zuletzt deshalb brauchen wir den RSA.

2006-11-06 06:45:20 · answer #2 · answered by Leony 7 · 0 0

Je krank, desto teuer ;-)

2006-11-05 05:18:42 · answer #3 · answered by DieSusi 2 · 0 0

wenn Du's genau wissen willst - schau Dir doch mal diesen link an:

2006-11-04 01:25:35 · answer #4 · answered by DrGscheidle 1 · 0 0

Dabei soll die Morbidität (Krankheitsanfälligkeit) bestimmter Bevölkerungsgruppen das maßgebliche Kriterium für die Höhe des Beitragsbedarfs, den eine Kasse für einen bestimmten Versicherten aus dem RSA angerechnet erhält, werden. Das Gutachten zu Modellen und Empfehlungen für einen deutschen Morbi-RSA „Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich“ liegt inzwischen vor

2006-11-03 11:00:46 · answer #5 · answered by andras_8 6 · 0 0

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