Selbstmordrate in Deutschland stagniert
Frauen viel weniger suizidgefährdet als Männer / Risiko steigt mit dem Alter
--------------------------------------------------------------------------------
Von ANGELIKA BRUDER
Frankfurt/Main. Ungeachtet groÃer Anstrengungen in der Vorsorge stagniert die Zahl der Selbstmordtoten in Deutschland. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, nahmen sich 2003 offiziell 11.150 Menschen das Leben. Das waren kaum weniger als in den Jahren zuvor und sogar etwas mehr als 2000. Der starke Abwärtstrend seit den 80er Jahre, als sich noch mehr als 18.000 Menschen pro Jahr das Leben genommen hatten, scheint damit beendet. Die Zahl der Selbstmordversuche stieg nach Angaben des Nationalen Suizidpräventionsprogramms in jüngster Zeit sogar wieder.
Befürchtungen, dass angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung und einer grundsätzlich zunehmenden Selbstmordgefahr im Alter womöglich eine Trendwende bevorstehe, lehnte Georg Fiedler vom Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf aber als Spekulation ab.
Der Anteil der Selbstmorde an allen Todesfällen betrug laut Statistischem Bundesamt 2003 rund 1,3 Prozent. Bezogen auf je 100.000 Einwohner nahmen sich rechnerisch 13,5 Menschen das Leben. Der Suizid bei Männern ist nach diesen Angaben nach wie vor erheblich häufiger als bei Frauen, mit weiter steigender Tendenz: Während die Quote 1983 bei zwei zu eins lag, war sie 2003 bei rund drei zu eins: 20 je 100.000 Einwohnern bei den Männern und 7 bei den Frauen.
Bei den Selbstmordversuchen überwiegen nach Schätzungen dagegen die Frauen. Grundsätzlich gehe man davon aus, dass auf einen Selbstmord zehn bis 15 Versuche kommen. Bei jungen Frauen liegt diese Quote nach Angaben Fiedlers zufolge sogar bei eins zu 40. Bei älteren Männern dagegen komme auf jeden Selbstmord nur ein Versuch: ”Sie verwenden vermutlich die tödlicheren Methoden”, sagte der Psychologe.
Nahezu die Hälfte der Betroffenen (5.538 Personen) wählte 2003 Erhängen, Erdrosseln beziehungsweise Strangulieren und Ersticken als Suizidmethode, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Einen Sturz in die Tiefe wählten 1.100 Personen und eine vorsätzliche Selbstvergiftung 940 Menschen. Zu den behördlich erfassten Selbsttötungen kommt nach Auffassung von Experten eine groÃe Dunkelziffer: ”Man weiÃ, dass unter Drogentoten und Verkehrstoten auch Suizidopfer sind”, sagte Fiedler.
GroÃe Unterschiede nach Bundesländern
Bezogen auf die Einwohnerzahl nehmen sich im Osten und im Norden deutlich mehr Menschen das Leben als in der Mitte und im Süden. Diese Verteilung beruht nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention nicht auf einer anderen Altersstruktur, sondern ist in groben Zügen schon seit dem 19. Jahrhundert zu beobachten.
An der Spitze liegt dabei 2003 Sachsen mit 17,8 Suizidopfern pro 100.000 Einwohner, vor Bremen (17,1), Thüringen (16,3), Schleswig-Holstein (16,1), Brandenburg (15,5), Berlin (15,0), Sachsen-Anhalt (14,8) und Hamburg (14,7), wie Fiedler unter Berufung auf das Bundesamt erklärte. Mit ebenfalls 14,7 liegt aber auch Bayern noch über dem Durchschnitt von 13,5, ebenso wie Rheinland-Pfalz (14,3) und Baden-Württemberg (13,8). Am niedrigsten ist die Rate in Nordrhein-Westfalen (10,0), gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (12,0), Hessen (13,1), dem Saarland (13,3) und Niedersachsen (13,4).
Verantwortlich für den starken Rückgang der Selbstmorde vor allem in den 80er Jahren war nach Einschätzung von Fiedler eine bessere medizinische Betreuung der Suizidgefährdeten, unter anderem durch die Einführung neuer Medikamente gegen Depressionen. Vor allem seit 2000 gebe es nun neue intensive Bemühungen in der Suizidprävention. (ap)
2006-08-25 13:30:43
·
answer #2
·
answered by Leony 7
·
2⤊
0⤋