Die Bewältigung der Prüfungsangst kann an allen Punkten ansetzen, die als Ursachen und Auslöser benannt wurden:
Senkung zu hoher Anspannung,
Veränderung des Anspruchs- und Leistungsdenkens,
Auseinandersetzung mit der Prüfung statt Vermeidung,
Verbesserung der ungünstigen Rahmenbedingungen,
Veränderung der Katastrophenphantasien in mutmachende und angstreduzierende Gedanken,
Bewältigung der Angst als Ergebnis traumatischer Prüfungserfahrungen,
realistische Klärung der möglichen Ergebnisse der Prüfung,
Verbesserung der Arbeits- und Vorbereitungstechniken,
neue Lernstrategien,
Konstruktive Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Prüfung und der Zeit nach der Prüfung.
Da Betroffene die Prüfungsangst ja unter allen Umständen loswerden wollen, klingt es paradox, dass es zunächst wichtig ist, sie zu akzeptieren, ohne sich allerdings mit ihr abfinden zu müssen. Für eine bestimmte Zeit sollte diese Angst, die ja immer wichtige Gründe hat, angenommen und als zur eigenen Person dazugehörend gesehen werden, um sie einmal näher zu betrachten. Die Prüfungsangst kann wertvolle Informationen liefern über bislang nicht bewusst wahrgenommene eigene Bedürfnisse, z.b. nach Anerkennung. Die gewonnenen Informationen hierüber können wichtige Ansatzpunkte bieten für die Veränderung der Angst.
Die Prüfungsangst selbst erfordert den Einsatz vieler Energien, Angst kostet Kraft. Es sollte versucht werden, diese Energien, die in der Prüfungsangst stecken, umzuleiten und für eine effektive Prüfungsvorbereitung zu nutzen. Wichtig ist es dabei, sich realistische Ziele zu setzen und nicht am Beginn der Vorbereitung gleich alles zu sehen, was noch zu leisten ist. Das kann gar nicht funktionieren. Das heißt, der gesamte Stoff (z.b. theoretische Kenntnisse für die Fahrschulprüfung in Teilziele formulieren: 1 Arbeitsblatt pro Woche). Und immer nur an diesem einen Ziel arbeiten und nicht alles sehen, was noch nicht erreicht ist.
Genügend Zeit für die Vorbereitung einplanen, wenn es möglich ist. Je näher der Zeitpunkt der Prüfung kommt, umso mehr Unruhe wird verspürt, mehr Anspannung verhindert aber effektive Vorbereitung. Und das umso mehr, je umfangreicher der Stoff ist.
Auseinandersetzung mit der Prüfung, anstatt den Blick wegzulenken. Das heißt, sich immer wieder Fragen stellen und beantworten, eventuell mit Hilfe von Menschen, die eine solche Prüfungsherausforderung hinter sich haben oder daran beteiligt sein werden. Wichtige Fragen sind:
Was wird verlangt oder erwartet?
Um was für einen Typ Prüfung handelt es sich (z. B. bei schriftlichen Prüfungen, Vorführung, mündliches befragt werden, etwas vorstellen, Vortrag halten, freies Schreiben)?
Wie viel Zeit steht zur Verfügung?
Wie sieht der formale Ablauf aus? (Ort, Raum, Sitzkonstellation, wer ist dabei, wer fragt, Reihenfolge...)
Wer prüft, schaut zu, hört zu?
Worauf wird wohl Wert gelegt?
Welche Kleidung ist sinnvoll?
Was kann schlimmstenfalls passieren?
Informationsquellen hierfür sind, der Prüfer/die Prüferin selber, Kolleginnen und Kollegen, Freunde, Bücher, Richtlinien, Internet, Broschüren, Menschen, die diesen Weg schon gegangen sind, ggf. vorherige Teilnahme, falls möglich, ein persönliches Vorgespräch.
Überprüfung von Bereichen, in denen man bei sich möglicherweise Defizite aufdeckt und an denen man durch gezielte Maßnahmen arbeiten kann: Füllen von Wissenslücken, Verbessern des Arbeitsverhaltens, Verbessern des Darstellungs- und Gesprächsverhaltens (Kommunikation). Hier können andere Menschen sehr hilfreich sein.
Im Rahmen eines allgemeinen Zeitmanagements sollten in einem konkreten Wochenplan auf einem großen Kalenderblatt alle Termine der Woche eingetragen werden. Für jeden Tag muss der Umfang der Vorbereitungszeit festgelegt werden. Dabei sind natürlich auch alle anderen Tätigkeiten (beruflich und privat) angemessen zu berücksichtigen, damit eine realistische Einteilung möglich wird. Die Vorbereitungszeit unrealistisch einzutragen, hieße, in Druck zu kommen und die Angst zu erhöhen. Auch Pausenzeiten, Freizeiten und Zeiten für angenehme Tätigkeiten (Belohnungen) gehören unbedingt dazu.
Eine weitere Voraussetzung zur Angstreduktion sind günstige Arbeitsbedingungen. Geht es um eine Theorieprüfung, um "Schreibtischarbeit" gehören dazu ein aufgeräumter, gut beleuchteter, nicht ablenkender, aber dennoch angenehm gestalteter Arbeitsplatz, an dem die notwendigen Materialien leicht erreichbar sind. Partner, Kinder und Freunde sollten über die Arbeitszeiten informiert sein und währenddessen nicht stören.
Neben den Rahmenbedingungen und Plänen sind aber natürlich effektive Lernmethoden für einen Prüfungserfolg unerlässlich. Das Behalten von Gelerntem hängt zum einen von dem Stoff ab, zum anderen von der Lernmethode. Hilfreich ist es auch, sich von anderen befragen zu lassen.
Angst ist mit Unruhe, Nervosität, Bauchflattern und Anspannung verbunden. Diese Anspannung verhindert, wenn sie zu groß wird, eine effektive Vorbereitung und genügend Aufmerksamkeit während der Prüfung (Lampenfieber z.b. steigert die Leistung, ist es zu stark, lähmt es.) Hilfreich können hier verschiedene Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Atemübungen etc. sein. Diese lassen sich mit Hilfe von Ton- oder Videokassetten und Taschenbüchern selbst erlernen. Viele Volkshochschulen und Familienbildungsstätten bieten aber auch gute Entspannungskurse an.
Oft sind es auch die negativen und mit Horrorvorstellungen besetzten Gedanken, die Prüfungsängstlichen einen Strich durch die (Konzentrations-)Rechnung machen. Gedanken und Gefühle hängen sehr eng miteinander zusammen. Daher sollte man seine Angstgedanken aufspüren und vor allem auf den Realitätsbezug und Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Oft denken Betroffene "Ich kann nichts." "Das werde ich nie schaffen." etc. In der Regel handelt es sich bei den ersten Gedanken um Verallgemeinerungen, Katastrophenphantasien, die dann durch realistischere und angstsenkende Gedanken ersetzt werden müssen, z.b. durch: "Es ist noch eine Menge Arbeit, aber ich bin schon ein ganzes Stück voran gekommen, Thema XY habe ich schon gelernt. Die Leute werden mich nicht auslachen. Wenn ich dort sitzen würde, könnte ruhig ein anderer mal einen Fehler machen. Ich werde es schon schaffen." Man kann auch dazu übergehen, sich immer wenn man merkt, dass die Angst auftritt, innerlich hilfreiche Sätze zu sagen, wie z. B. "Du hast schon eine Menge vorbereitet. Die Prüfer sind auch nur Menschen. Wenn ich durchfalle, geht auch die Welt nicht unter. Jetzt erst einmal tief durchatmen und dann in Ruhe ordnen, was als nächstes anliegt. Etwas Anspannung zu spüren ist gut, das steigert meine Leistungsfähigkeit."
Die Allgemeine-Angst-Auskunft.de (www.angst-auskunft.de/AAA_Pruefungsangst.htm) schlägt folgende Wege aus der Prüfungsangst vor:
Sich optimal aufregen: Aufregung aktiviert, zuviel Aufregung verringert die Flexibilität
Selbstwertgefühl stärken.
Verantwortung für das Prüfungsergebnis vernünftig verteilen: Prüfungsergebnisse hängen von vielen Faktoren ab. Man ist nicht nur selbst verantwortlich, auch die Tagesform des Prüfers, die Rahmenbedingungen usw..
"Katastrophen" zu Ende phantasieren: Die Welt wird nicht zusammenbrechen.
Sich positiv programmieren und Energie vernünftig einsetzen: Sich selbst erfüllende Prophezeiungen nutzen und sich einen guten Erfolg voraussagen. Ängste verschwenden zuviel Energie.
Perspektiven verändern: Fakten sind normal, "Bedeutung" macht Angst. Prüfung nicht als Bedrohung, sondern als Chance sehen.
Arbeitstechniken optimieren und realistische Ziele setzen: gut vorbereiten und günstige Lerntechniken schaffen.
Zuletzt sei noch auf eine gute Technik hingewiesen, um die Angst zu bewältigen: Soviel wie möglich von der Prüfung vorwegnehmen. Wenn dabei die Angst zu groß und kaum aushaltbar ist, kleine Schritte wählen:
Sich immer wieder den Weg zur Prüfung vorstellen,
das Warten vor der Tür,
ggf. auch den Weg mehrmals vorher abgehen,
das Prüfungszimmer, wenn möglich anschauen,
mit dem Prüfer sprechen,
Vorstellungsgespräche im Rollenspiel mit Freunden simulieren bzw. durchspielen,
In der Entspannung Bilder vor dem inneren Auge ablaufen lassen, Aufkommender Angst mit mutmachenden Gedanken begegnen.
Motto: Konfrontieren statt vermeiden und fliehen.
Man kann selber einiges tun und ausprobieren, um seine Angst vor Prüfungen in den Griff zu bekommen. Wenn man allerdings feststellt, dass man alleine oder auch mit Hilfe vertrauter Menschen nicht damit fertig wird, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen.
An den Universitäten oder in der Schulpsychologie, sowie in Beratungsstellen werden häufig Unterstützungen in Gruppen angeboten.
Wenn die Angst zu stark ist und lähmt, wenn die körperlichen Symptome sehr ausgeprägt sind, wenn die Vermeidung überhand nimmt, sollte die rechtzeitige Durchführung einer Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Die Kosten dafür übernimmt dann in der Regel die Krankenkasse.
2006-06-29 07:37:17
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answer #7
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